Der Fall eines verendeten Kalbs auf einem NABU-Hof bei Leer (Ostfriesland/ Niedersachsen) sorgte in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen. Laut einem Bericht von „bild.de“ habe sich das Kalb über Stunden, im Dreck liegend, in einem Todeskampf befunden und wurde erst später durch einen Tierarzt erlöst. Vorwürfe gegen weiteres Tierleid auf dem Hof wurden laut. „Es ist nicht der einzige Fall beim NABU bisher. Jetzt ermitteln auch die Behörden“, prangerte Hero Schulte, 2. Vorsitzender des Friesischen Verbands für Naturschutz (FVN) die Situation an. Nun hat der NABU zum Geschehen Stellung bezogen.
Unfall durch missglückte Blutentnahme?
Bei den rund 40 Heckrindern, die sich laut NABU auf dem Hof befinden, hätte am 10. Mai für eine Routineuntersuchung Blut abgenommen werden sollen. Die Witterungsbedingungen, mit starkem Regenfall im Vorfeld, hätte das Unterfangen jedoch erschwert, wodurch die Aktion auf Anweisung des Veterinäramts abgebrochen wurde und die Tiere wieder freigelassen wurden. Dabei habe sich das später verendete Kalb vermutlich verletzt, so der NABU. Mitarbeiter des Veterinäramts, des NABUs und ein Tierarzt hätten davon unmittelbar vor Ort Kenntnis erlangt, jedoch sei die Schwere des Unfalls nicht direkt zu beurteilen gewesen. „Aus diesem Grund wurde der Zustand des Tieres, wie in solchen Fälle üblich, zunächst beobachtet. Leider trat keine Verbesserung ein, weshalb man am darauffolgenden Tag einen Tierarzt mit der Einschläferung beauftragt hatte“, so der NABU.
Nicht genug Personal um Rinder zu betreuen
Ein zweites verletztes Rind, welches ebenfalls erlöst werden musste, sei vom Veterinäramt an den NABU gemeldet worden. Die Obduktion solle nun klären, ob die Verletzung auch mit der Blutuntersuchung zusammenhängt.
Laut NABU handelt es sich bei beiden Fällen um „bedauerliche Einzelfälle“, die man auf die schlechte Witterung und die missglückte Blutentnahme schiebt. Neben den „ungünstigen Faktoren“ sei auch der Fachkräftemangel schuld an der aktuellen Situation. So habe man es daher nicht geschafft, wie vorgeschrieben, die Kälber aus diesem Jahr mit Ohrmarken zu versehen. Um das zu gewährleisten, müsse man aber zuerst die vakanten Personalstellen besetzen. Es wirkt, als sei der NABU-Hof mit den 40 Tieren überfordert. So äußert sich auch Hero Schulte, der selbst Rinderhalter ist und dem die Umstände vor Ort bekannt sind, dass „Großviehhaltung in Profihand von ausgebildeten Landwirten“ gehört.
Schlachter besitzt keine EU-Zertifizierung für Weideschuss
Doch warum gibt der NABU keine Tiere ab, wenn man diese personell nicht mehr tierschutzgerecht betreuen kann? Auch hier hat der NABU eine Erklärung parat. Man sei zwar gewillt den Bestand zu reduzieren aber der beauftragte Schlachter habe noch keine EU-Zertifizierung für den „Weideschuss“ erhalten. Die Weideschlachtung sei die „stressärmste“ Art der Schlachtung, daher wolle man den Tieren den Transport zum Schlachthof ersparen. Ob die aktuelle Situation für die Rinder tatsächlich tierschutzgerechter als ein Transport zum Schlachthof ist, bleibt fraglich.
Schon verendete Tiere in der Vergangenheit
Bereits in der Vergangenheit hatte es bei einem Heckrinder-Projekt des NABUs gravierende Probleme gegeben. Der Landkreis Leer war 2008 aus dem Projekt ausgestiegen, nachdem 16 Rinder verendet waren. Die Tiere seien damals aufgrund schwerer Fehler in der Haltung eingegangen. In der Stellungnahme äußerte sich der NABU, dass im aktuellen Fall eine ganz andere Ausgangssituation bestehen würde. Die Tiere seien dieses mal gut im Futter und würden sich daher auch gut vermehren. Nur das Wetter und das Wesen der Tiere mache den Umgang derzeit schwierig.