„Er tut ja nichts“ – der Standardspruch den einige Hundehalter stets zum besten geben, wenn sie darauf hingewiesen werden, dass ihre Hunde in der Setzzeit anzuleinen sind. Das Ergebnis zeigt sich dann oft im Nachgang: gerissene Kitze oder Kitze, die Bisswunden aufweisen. Dazu kommen noch Halter, die sich nicht der Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner in den Feldern annehmen. Das birgt größere Probleme, als man annimmt.
Hundekot auf Feld: Das ist die Gefahr für andere Tiere
Hundekot ist nämlich alles andere als ein Dünger, sondern vielmehr eine Gefahr für andere Tiere. Das liegt am Krankheitserreger Neospora Caninum, den Hunde über den Kot ausscheiden. Sollten Weidetiere Hundekot über das Futter aufnehmen, kann es zu einer Infektion kommen. Die Folgen sind drastisch. Der Parasit sorgt beispielsweise bei Rindern dafür, dass es zu einem Abort kommt. Eine andere Option ist, dass der Parasit das Ungeborene infiziert. Die Folge: Infizierte Kälber werden geboren, die erneut den Krankheitserreger verbreiten – ein Teufelskreis.
Nicht minder gravierend sind die gerissenen Kitze in den Wiesen. Einen heftigen Fall erlebte jüngst die Tierärztin Dr. Janine Brunner. Auf dem Behandlungstisch fand sich ein abgekommendes Kitz wieder. Der Gesundheitszustand? Miserabel: schwere Schwellungen am Haupt, überall Maden und ein doppelter, offener Kieferbruch. Der Verursacher war dank Bisslöchern schnell identifiziert: Ein Hund. Letztlich musste das Kitz erlöst werden. Ein Problem, das sich leicht verhindern ließe – mit Leine oder sogar einer Leinenpflicht.
Auch in der Jägerschaft wird das Thema Leinenpflich immer wieder kontrovers diskutiert. Sollte eine Leinenpflicht auch für gut geführte Jagdhunde gelten? Oder haben wir Jäger unsere Hunde so gut im Griff und können die "Gefahren" realistisch einschätzen? Wir haben uns dazu in der Redaktion umgehört.
Leinenpflicht auf für gut geführte Jagdhunde im Revier? Das meint die Redaktion
"Beim Thema Leinenpflicht während der Brut- und Setzzeit, sollten wir Jäger mit gutem Beispiel voran gehen. Als Jäger müssen wir Vorbilder sein. So wie ich als Familienvater versuche die wichtigen Dinge bestmöglich vorzuleben, damit sie meine Kinder richtig lernen. Daher ist für mich klar, dass es so wenig Unruhe wie möglich in der Kinderstube unseres Wildes geben darf. Dies bedeutet für meinen Hund, dass er in dieser Zeit bei mir läuft, statt in den Wiesen und Dickungen unterwegs zu sein. Natürlich könnte er auch einfach Fuß laufen. Aber welchen Nachteil habe ich dadurch, wenn ich Vorbild bin und er an der Leine neben mir läuft? Und so komme ich schon gar nicht in eine Diskussion, wenn ich den Spaziergänger freundlich darum bitte seinen Hund anzuleinen und ich ihm den Hintergrund dazu erkläre. " Philipp Eisele
"Als Jäger genießen wir gesetzliche Freiheiten, die andere nicht haben. Wir reklamieren für uns, dass wir uns der menschlichen Verantwortung Flora und Fauna gegenüber bewusst sind. Für dieses Bewusstsein wollen wir auch andere begeistern. Muss mein Jagdhund außerhalb der direkten Jagdausübung also wirklich ohne Leine herumlaufen, während ich andere auf die bestehende Leinenpflicht hinweise? Ich weiß nicht recht…" Phil Kahrs
"Eine bundesweite Leinenpflicht würde viele persönliche Annahmen und Fragen klarstellen. Jeder Hundehalter sollte in der Brut- und Setzzeit Rücksicht auf die Wildtiere nehmen. Auch ein „mein Hund tut sowas nicht“- Vierbeiner muss am Riemen geführt werden. Viel zu oft kursieren Nachrichten von gerissenen Wildtieren durch den eigentlich nicht-jagenden Hund. Wir Jäger sollten uns dieser Pflicht anschließen. Auch wenn (arbeitende) Jagdhunde eigentlich von der Leinenpflicht ausgenommen sind, sollten gerade wir Jäger mit gutem Beispiel voran gehen. Für die Wildtiere. Für die Natur. Für die Akzeptanz." Leonie Engels
"Bundesweite Leinenpflicht für Hunde während der Brut- und Setzzeit: Ein Vorbild hierfür wäre Niedersachsen, wo vom 1. April bis 15. Juli absoluter Leinenzwang für alle Vierbeiner (ausgenommen Jagd-, Rettungs-, Blinden-, Hüte- und Polizeihunde) gilt. Die Ausnahmen für genannte „Aufgabengebiete“ sind sinnvoll und absolut notwendig. Jedoch auch nur unter der Annahme, dass der Hund ohne Leine zu diesem Moment auch seiner Aufgabe tatsächlich nachkommt. Denn was für einen brauchbaren Jagdhund auf der Nachsuche nach einem durch den Straßenverkehr verletzten Reh gilt, muss für den ebenfalls brauchbaren Vorsteher oder Stöberhund, der in seiner „Freizeit“ rein aus Lust an der Freude durch die Wiesen rennt, noch lange nicht gelten. Jäger und Hundeführer sind anerkannte Naturschützer und so sollten wir uns auch verhalten: vorbildlich eben.
Nun könnte man den Gedanken des Leinenzwangs auch weiterdenken und auf das ganze Jahr ausweiten. Schließlich würde das in der Tat Wild, Natur und allen Landnutzern helfen. Dennoch ist es aus zweierlei Gründen abzulehnen: Erstens, weil somit jeglicher Ausbildungsanreiz für Hundebesitzer fehlen würde. Und zweitens, weil es tierschutzrechtlich doch eher sehr bedenklich ist, ein Tier, das von der Natur ursprünglich als „Renn-Tier“ gedacht war, ganzjährig im menschlichen-Schlurfgang zu knechten. Ausbildungsanreize bei zeitgleichen Möglichkeiten des Abstrafens bei Missachtung von Regeln helfen da mehr als pauschale Verbotshämmer." Martin Weber