BJV: Ein möglicher Gegenkandidat zu Ernst Weidenbusch im Gespräch

Wie es im BJV weiter geht, ist unklar. Allerdings bringen sich derzeit mögliche Kandidaten für den Posten als Präsident in Stellung. Die PIRSCH hat nachgefragt.
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Ludwig Freiherr von Lerchenfeld

Mittlerweile sind laut Medienberichten – der Bayerische Jagdverband selbst nannte trotz mehrfacher Nachfrage der PIRSCH-Redaktion keine Zahl – rund 20 Anträge für eine außerordentliche Versammlung beisammen. Ob und wann es zu einer etwaigen Neuwahl im Zuge einer außerordentlichen Delegiertenversammlung kommen könnte, ist jedoch noch unklar. Laut dem BJV ist das „... in den Geschäftsgang gegeben“ und werde derzeit geprüft.

Klar ist hingegen: Findet eine Versammlung statt, könnte es zur möglichen Abwahl von Ernst Weidenbusch kommen. In diesem Fall stünde mit Ludwig Freiherr von Lerchenfeld ein weiterer Kandidat für den Präsidenten-Posten Gewehr bei Fuß. Grund genug für die PIRSCH sowohl dem 65-jährigen Franken als auch den amtierenden Präsidenten Ernst Weidenbusch ein paar Fragen zu stellen.

Beide hatten die Möglichkeit, auf einen Fragenkatalog der PIRSCH zu antworten. Trotz mehrfacher Nachfrage kamen vom amtierenden Präsidenten Weidenbusch jedoch keine Antworten. Deshalb finden Sie hier nur die Antworten von Ludwig Freiherr von Lerchenfeld.

Wo sehen Sie die Schwerpunkte, an denen der BJV 2023 jagdpolitisch ansetzen muß?

Ludwig Freiherr von Lerchenfeld: Es bedarf wieder eines besseren Miteinanders, man muss wieder zuhören können. Wir dürfen das Wild nicht ausrotten wollen, daher muss es Wald und Wild heißen. Im Präsidium muss es auch wieder mit dem Waldbesitzerverband, den Familienbetrieben, dem Bauernverband und auch dem Bund Naturschutz einen intensiven Austausch geben. Wir brauchen eine wechselseitige Wertschätzung, um sachorientiert Lösungen finden zu können.

Was lief in den vergangenen 2 Jahren gut?

Ludwig Freiherr von Lerchenfeld: Gegebenenfalls die Zuordnung des Restmittelaufkommens und deren Verwertbarkeit im BJV. Dies ging allerdings im allgemeinen Tumult, den der BJV hatte, vollständig unter.

Was lief in den vergangenen 2 Jahren schlecht?

Ludwig Freiherr von Lerchenfeld: Der BJV ist weitestgehend negativ in der Presse aufgefallen, es gab keine wirkliche Verbindung zu den Kreisgruppen. Die Streitigkeiten nach innen und nach außen haben Entscheidungsprozesse behindert. Das jagdpolitische Netzwerk wurde vollständig zerstört. Eine vertrauensbildende Kommunikation mit den Kreisgruppen und Jagdvereinigungen wurde tunlichst vermieden. Dadurch entstanden eine Lagerbildung und Ausgrenzung innerhalb des Landesverbandes zwischen den Mitgliedern. Interne Streitigkeiten dürfen nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Die Ausschüsse und deren Aufgabenverteilung in der Geschäftsstelle brachten keine Transparenz und Klarheit über deren Aufgabe und Zusammensetzung.

Zur Person

Der 65-jährige Ludwig Freiherr von Lerchenfeld ist Geschäftsführer seines traditionsreichen land- und forstwirtschaftlichen Familienbetriebs in Oberfranken. Der 65-Jährige ist seit fast 40 Jahren verheiratet und hat fünf erwachsene Kinder, die teils ebenfalls jagen. Stete Begleitung beim Waidwerk ist Lerchenfelds Dachsbracke. In seiner Freizeit engagiert sich der Freiherr in vielen örtlichen Vereinen, der Kommunalpolitik, der Kirche und ist unter anderem im Vorstand der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald tätig.

Wie soll künftig mit Kritikern umgegangen werden?

Ludwig Freiherr von Lerchenfeld: Wir müssen mit der Erfahrung der Vergangenheit wieder stark in die Zukunft blicken. Es braucht einen ehrlichen und offenen Umgang, bei dem die Kreisgruppen in Sachthemen und Entscheidungen wirklich eingebunden sind. Man sollte nicht aggressiv, lautstark und nur negativ auftreten, sondern offen in den Dialog gehen und Kritik anhören – etwa bei einem regelmäßigen runden Tisch. Kritik kann konstruktiv sein und belebt das Geschäft.

Wie wollen Sie bei einer etwaigen außerordentlichen Delegiertenversammlung die Kreisgruppen hinter dem Präsidium versammeln?

Ludwig Freiherr von Lerchenfeld: Durch Sachkompetenz und wirkliche Diskussionskultur und das Einbringen eigener Erfahrung. Ich bin ein Teamplayer und will mit der Erfahrung der Vergangenheit stark in die Zukunft.

Wie wollen Sie näher an die Mitglieder kommen/nahbarer werden?

Ludwig Freiherr von Lerchenfeld: Ich will persönlicher Ansprechpartner sein, aber auch im Team Verantwortung übernehmen und verteilen. Wichtig ist mir auch, Bezirksgruppen in den Verband einzubinden als Sprachrohr und Meinungsbildungszentrale der Kreisgruppen. Außerdem möchte ich Verbände wie den Bauernverband, den WaIdbesitzerverband und möglicherweise den Bund Naturschutz einbinden.

Wie wollen Sie es schaffen, dass der BJV in der öffentlichen Wahrnehmung wieder mit jagdpolitischen Themen anstatt mit internen Streitigkeiten stattfindet?

Ludwig Freiherr von Lerchenfeld: Dafür braucht es ein besonnenes Auftreten, die Sachkompetenz in der Person und unserem Verband und persönliche Integrität vom Präsidium über alle Ausschüsse bis hin zu den Kreis- und Bezirksgruppen und deren Vorsitzenden. Die Kreisgruppen müssen wieder aktiv in die Aufgaben des Landesverbandes eingebunden werden.

Wie wollen Sie die 23.000 Jägerinnen und Jäger Bayerns, die derzeit kein Mitglied im BJV sind, zu einem Beitritt bewegen?

Ludwig Freiherr von Lerchenfeld: Mit persönlichem, verbindlichem Auftreten, gepaart mit Sachkompetenz und Wertschätzung der Gesprächspartner und der Gesprächskultur. Für alle jagdpolitischen Fragestellungen will ich ein verlässlicher Ansprechpartner und Ideengeber sein, dadurch will ich sowohl nach innen als auch nach außen eine Vertrauenskultur schaffen.

Wollen Sie sich dafür einsetzen, dass der Wolf ins Jagdrecht kommt?

Ludwig Freiherr von Lerchenfeld: Ich denke, der Wolf darf nicht ins Jagdrecht. Dafür gibt es, wie beim Biber oder beim Kormoran, andere Möglichkeiten. Es braucht aber einen gesellschaftlichen Konsens, der die gesetzlichen Rahmenbedingungen bietet. Wir werden auch hier mit den betroffenen Gruppierungen, die uns auch als Grundbesitzer und Eigentümer nahestehen, zusammenarbeiten. Die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht würde die vielen entstehenden Probleme für mich allein nicht lösen.

Wie kann der BJV der Taktgeber in Natur-, Forst- und Jagdfragen werden?

Ludwig Freiherr von Lerchenfeld: Das gelingt durch unsere Sachkompetenz in den entscheidenden Themengebieten wie unserem Wild, dessen Lebensraum in Verbindung mit den Herausforderungen in der Landwirtschaft und dem Waldbau und der Verlässlichkeit aller Akteure. Vertrauen kann man nicht erzwingen, sondern muss es erarbeiten. Mit rund 50.000 Mitgliedern hat der BJV ein immenses Wissen für sämtliche jagdpolitische Fragen. Die Herausforderung ist wie bei jeder Schwarmintelligenz, wie man sie am besten nutzen kann, um jagdpolitische Fragen zu lösen. Das ist in meinen Augen eine Herausforderung für den BJV, aber auch eine große Chance. Dies haben wir anderen Jagdverbänden voraus.

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