Wildtiere und Covid: Was macht ein Lockdown mit unserem Wild?

Wildschweine in Städten, weit wandernde Braunbären und tagaktive Nachtschwärmer. Welche Auswirkungen hatte der Lockdown in der Corona-Pandemie auf unser Wild und was können wir daraus lernen?
Die Wildschweine sorgten für viel Aufregung am Morgen.
Wildtiere sind während des Lockdowns vermehrt in Städten aufgetaucht.

Mit Schrecken denken die meisten von uns an die Covid-19-Pandemie zurück. Monatelange Lockdowns, Do-it-yourself Projekte, um das eigene Heim zu verschönern und ein fehlender Ausgleich in der Natur. Was uns ein Graus war, hatte auch Auswirkungen auf Wildtiere. Ein internationales Forschungsteam hat die Auswirkungen einer „Anthropause: Pause vom Menschen“ auf Wildtiere untersucht und kam zu erstaunlichen Ergebnissen.

Corona und Wild: Internationales Forscherteam schaut auf Wanderbewegungen bei Säugetieren

Wissenschaftler des Senckenberg-Instituts in Frankfurt fanden heraus, dass die Abwesenheit des Menschen gleich zwei sehr gegenteilige Effekte auf unser Wild hatte. Einerseits erweiterten viele Wildtiere ihren Bewegungsradius, zogen vermehrt in Städte ein und nutzten neue Verbindungskorridore. Andererseits legten Wildtiere auch sehr viel größere Strecken zurück als noch im Jahr zuvor.

Wanderbewegungen durch Covid: Das war das Ziel der Wissenschaftler

Das Forscherteam aus Frankfurt analysierte gemeinsam mit Forschern auf dem gesamten Globus die GPS-Daten von mehr als 2300 Säugetieren aus 43 verschiedenen Arten. Ziel war es, herauszufinden, ob die Bewegungsmuster von Tieren in der Lockdownphase zwischen Februar und April 2020 Unterschiede zu den Daten der Jahre zuvor aufwiesen.

Ein Fuchs im städtischen Bereich von Altötting muss weg – er hat eine Katze getötet.
Das Verhalten des Menschen hat einen direkten Einfluss auf unsere Säugetiere.

Anthropause während Corona-Pandemie: Abwesenheit des Menschen

„Unser Daten zeigen, dass die Tiere während strenger Lockdowns in einem Zeitraum von zehn Tagen bis zu 73 Prozent längere Strecken zurücklegten als im Jahr zuvor, als es noch keine Beschränkungen gab“, erklärt Marlee Tucker von der Radboud-Universität in Nijmegen „Wir konnten zudem feststellen, dass sie sich im Durchschnitt 36 Prozent näher an Straßen aufhielten als im Vorjahr. Das ist sicherlich damit zu erklären, dass es in diesem Zeitraum sehr viel weniger Straßenverkehr gab.“

Forscher nannten diesen Zeitraum „Anthropause“, also die vorübergehende Abwesenheit des Menschen. Thomas Müller vom Senckenberg-Institut analysiert die Ergebnisse wie folgt: „In Gebieten mit weniger strengen Auflagen konnten wir im Gegensatz dazu beobachten, dass Säugetiere kürzere Strecken als im Vorjahr zurücklegten. Dies könnte damit zusammenhängen, dass während dieser Zeiträume die Menschen ermutigt wurden, in die Natur zu gehen. Infolgedessen waren einige Naturgebiete stärker frequentiert als vor der Corona-Pandemie - mit Auswirkungen auf die Säugetierfauna.“

Erkenntnisse nach Studie: Diese Rolle spielte der Mensch als Treibkraft tierischen Verhaltens während der Pandemie

Marlee Tucker kann dazu hinzufügen: „Wir zeigen mit unseren Ergebnissen, dass die Mobilität des Menschen eine wichtige Triebkraft für das Verhalten einiger Landsäugetiere ist. Unsere Forschung belegt zudem, dass Tiere direkt auf Veränderungen im menschlichen Verhalten reagieren können. Das lässt für die Zukunft hoffen - denn im Prinzip bedeutet dies, dass sich eine Anpassung unseres eigenen Verhaltens auch positiv auf die Tierwelt und die von ihr bereitgestellten Ökosystemfunktionen auswirken kann.“

Die Studie zeigt also, dass die Bewegung von Menschen in der Natur einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten von Säugetieren hat. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass Säugetiere sehr schnell in der Lage sind, ihr Verhalten an den Menschen anzupassen und auf außergewöhnliche Situationen zu reagieren. Für die Zukunft kann dies bedeuten, dass nur kleine Veränderungen im Verhalten des Menschen einen großen Einfluss auf das Verhalten von Säugetieren haben können.

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