Waschbär und Marderhund: Welche Schäden Neozoen anrichten

Das Projekt ZOWIAC erforscht mit Hilfe von Jägern zoonotische und wildtierökologische Auswirkungen invasiver Karnivoren in Europa.
Waschbär-Mülltonne
Waschbären fühlen sich in der Nähe des Menschen wohl. Die Gefahr von Zoonosen steigt.

Innerhalb des Verbundprojekts ZOWIAC (Zoonotische und wildtierökologische Auswirkungen invasiver Carnivoren) sollen Invasionsprozesse gebietsfremder und einwandernder Fleischfresser, deren Auswirkungen auf heimische Ökosystemen, sowie den potenziell damit verbundenen gesundheitlichen Risiken für den Menschen erforscht werden. Nun möchte das Team um den Zoologen Sven Klimpel auch die Bevölkerung aktiv in die Forschung mit einbinden. Das teilte nun die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in einer Pressemeldung mit.

Mithilfe der ZOWIAC-App können Interessierte Meldungen zu Waschbären, Marderhunden und Minks machen. Die detaillierten, flächendeckenden Daten sollen Erkenntnisse zur Verbreitung und Vorkommen der potenziellen Krankheitsüberträger ermöglichen.

Klimpel arbeitet am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt, an der Goethe-Universität und am LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik. Zusammen mit seinem Team erforscht er, wie sich Waschbär, aber auch Marderhund und Mink auf bedrohte einheimische Arten und die jeweiligen Ökosysteme auswirken und mit welchen Parasiten und anderen Krankheiten auslösenden Erregern sie befallen sind. Dabei arbeiten sie mit universitären Einrichtungen, Ministerien, Behörden, Tierschutz-, Naturschutz- und Jagdverbänden zusammen. „Auch die Einbindung der Bevölkerung ist uns immens wichtig“, wird Klimpel in der Pressemitteilung zitiert.

„Sichtungen von Waschbären, Marderhunden und Minken können einfach in unsere ZOWIAC-App eingetragen werden. Die so durch Citizen Science gewonnen Verbreitungs- und Vorkommensdaten sind essenziell für unsere weiterführenden Analysen“, erklärte Klimpel weiter.

Überträger von Zoonosen

Bisher wurden 350 Waschbären aus Naturschutzgebieten, urbanen und ländlichen Räumen im Rahmen des ZOWIAC-Projekts untersucht. Darüber hinaus studierten die Wissenschaftler 95 Marderhunde aus Schleswig- Holstein, Niedersachsen, Sachsen und Hessen und 50 Minks aus Schleswig- Holstein, Sachsen- Anhalt und Hessen. Die Blutproben von 200 Waschbären und Marderhunden zeigten, dass einige Tiere Erreger des aus Afrika stammenden West-Nil-Virus in sich trugen. Metagenomische Untersuchungen des Marderhundes zeigten zudem, dass dieser als Reservoirwirt und somit als Überträger von SARS-CoV-2 dienen kann.

Die untersuchten Waschbären wiesen zudem 22 unterschiedliche Parasiten auf. Der Waschbärspulwurm (Baylisascaris procyonis) war unter ihnen am häufigsten vertreten. Die Marderhunde waren von insgesamt 18 unterschiedlichen Parasiten befallen, von denen neun, genauso wie beim Waschbärspulwurm, auch für den Menschen gefährlich sind. Unter ihnen fanden sich beispielsweise der Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis) oder der Lungenhaarwurm (Capillaria aerophila).

Dass Waschbär, Marderhund und Co. für den Rückgang bedrohter, heimischer Tierarten verantwortlich sind, steht jetzt schon fest. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass der Waschbär unter anderem die auf der „Roten Liste“ stehende Gelbbauchunke und die ebenfalls geschützte Erdkröte mit auf seine Speisekarte aufgenommen hat. Der Marderhund labt sich hingegen gerne an Feldhasen und an dem besonders geschützten Springfrosch.

Weitere Funktionen
Zu den Themen
Kommentieren Sie