PIRSCH: Was sind Ihre Aufgaben als Napha-Präsident?
Axel Cramer: Die Napha ist ein unabhängiger Jagdverband, der hauptsächlich aus Berufsjägern und Jagdführern besteht. Unser Ziel ist der Erhalt der nachhaltigen Trophäenjagd in Namibia.
PIRSCH: Welche Herausforderungen hat die Jagd in Namibia derzeit?
Axel Cramer: Mittlerweile wenden wir viel Zeit auf, um uns gegen Jagdgegner aus dem Ausland zu wehren. Vor allem aus Europa. Diese Menschen sind gegen die Jagd und wollen ein Trophäenaus- bzw. -einfuhrverbot. Das müssen wir verhindern. Wir haben Gott sei Dank ein sehr gutes Verhältnis zu unserem Naturschutz- und Umweltminister Pohamba Shifeta, und das wollen wir zugunsten der Jagdbranche in Namibia weiter ausbauen.
PIRSCH: Was passiert, wenn die Ausfuhr von entweder sehr streng geschützten Arten oder eine Trophäeneinfuhr generell verboten werden würde? Einfuhrverbote gibt es bereits.
Axel Cramer: Belgien und Finnland z. B. haben mittlerweile die Einfuhr von Cites-geschützten Arten verboten. Die Jagd geht zwar weiter, aber es wird immer schwieriger. Solche Entwicklungen werden aber irgendwann zum Flächenbrand und dagegen müssen wir uns wehren. Die Entwicklung in Europa ist nicht sehr positiv.
PIRSCH: Manche sprechen von einer Art Neo-Kolonialismus.
Axel Cramer: Ja, das sehe ich auch so. Man möchte uns aus Europa vorschreiben, wie wir unsere Naturschutzprojekte zu machen haben. Das ist nicht korrekt. Wir mischen uns bei euch auch nicht ein. Zum Glück haben wir aber in Europa Freunde, die es sehen wie wir. Da müssen wir zusammenstehen.
PIRSCH: Was sagen Sie deutschen Jägern, die sich als Fleischjäger sehen und Trophäenjagd ablehnen?
Axel Cramer: Man muss das unterscheiden. Die Napha steht für „conservation hunting“, da geht es um Nachhaltigkeit und Erlebnis. Eine reine Fleischjagd ist nicht per se auf Nachhaltigkeit ausgelegt, sondern ist mehr eine Regulation von Wildbeständen. Die Napha schreibt niemandem vor, was er machen soll, aber wir stehen nun mal für die selektive und nachhaltige Trophäenjagd.
PIRSCH: Das bedeutet, das Fleisch ist für Sie zweitrangig?
Axel Cramer: Nein! Das Fleisch ist ein sehr wichtiger Aspekt. Nur fehlt bei einer reinen Fleischjagd häufig die Selektivität – und die ist uns sehr wichtig.
PIRSCH: Ohne Corona kommt ein Interview derzeit ja leider nicht aus: Welche Folgen hatte die Pandemie auf die Jagd in Namibia?
Axel Cramer: Corona hat uns ziemlich reingeritten. Der ganze Tourismussektor ist zusammengebrochen. Sogar unsere staatliche Airline Air Namibia ging zugrunde. Gott sei Dank fliegen mittlerweile aber Eurowings, Ethopian und Quatar Airlines Namibia wieder verstärkt an. Trotz der Pandemie konnten aber viele Unternehmen überleben, Reserven haben wir aber oft keine mehr. Gott sei Dank, hat aber auch z. B. Deutschland uns unterstützt, um Anti-Wilderei-Projekte aufrechterhalten zu können. Im privaten Sektor mussten wir aber selbst klarkommen.
PIRSCH: Spürt man diesen Stillstand des Jagdtourismus am Wildbestand?
Axel Cramer: Wir hatten 2019 eine schwere Dürre, worunter die Bestände stark gelitten haben. Dann kam die Pandemie, die so manchen Farmer auch seinen Wildbestand zum Fleischkonsum hat nutzen lassen. Man muss das alles bei der Jagd im Blick haben, damit die Nachhaltigkeit nicht leidet.
PIRSCH: Auf welche zwei Wildarten sollte ein Namibia-Besucher jagen?

Axel Cramer (lacht): Der Kudu ist für mich eines der majestätischsten Tiere überhaupt, das man aber nicht gleich auf seiner ersten Jagd erlegen sollte. Der Oryx ist unser Ritter der Wüste und steht perfekt für unser Land. Diese beiden Wildarten stechen hervor.
PIRSCH: Sie möchten in Namibia ein neues Vermessungssystem für Trophäen einführen. Das Alter soll mehr Bedeutung bekommen.
Axel Cramer: Wir haben vor drei Jahren ein neues Vermessungssystem verabschiedet. Dessen Urheber ist das Erongo-Verzeichnis. Es ist eine altersbedingte Vermessungsmethode, die Anreize schaffen soll, alte Trophäenträger zu erlegen, die über dem Zenit sind. Für uns ist das Neuland, wir sind gerade in der Umsetzung und haben schon einige Berufsjäger ausgebildet. Das Ministerium hat uns zugesagt, diese neue Methode anzuerkennen. Es braucht aber auch noch viel Aufklärungsarbeit in der Jägerschaft. Wir müssen auf den Gen-Pool unserer Wildarten aufpassen.
PIRSCH: Hat ein höheres Zielalter Auswirkungen auf den Preis? Schließlich dauert es länger, bis ein Stück reif ist.
Axel Cramer: Der Preis ist wichtig, sollte aber zweitrangig sein. Länger zu pirschen, ein altes Stück zu überlisten, das Erlebnis muss im Vordergrund stehen.
PIRSCH: Wer ein Vermessungssystem nach Alter implementiert, muss das Alter des erlegten Stücks genau bestimmen können. Bei den unterschiedlichen Gegenden Namibias wird das kaum über Zahnabschliff laufen ...
Axel Cramer: Wir kommen weg von genauen Jahren und hin zu Altersklassen: jung, reif und alt. Diese Altersklassen lassen sich regionunabhängig bei Antilopen z. B. an der Hornstruktur erkennen. Eine weiche Basis zeigt immer ein junges Stück. Reife Stücke sind ausgewachsen, ihnen fehlt es aber an Merkmalen des Alters wie abgekämpfte Hornbasen. Das sind dann die alten Stücke, die wir suchen.
PIRSCH: Was war der größte Fehler, den die Jagd in Afrika je gemacht hat?
Axel Cramer: In letzter Zeit war das sicher das Canned-Lion-Hunting (Zuchtlöwen, die in Gehegen erlegt werden, Anm. d. Red.). Das hat immens geschadet, das zu reparieren dauert. Namibia war eines der ersten Länder, die sich von captive-bred-lions distanziert haben. Außerdem müssen Jäger mehr zusammenhalten und uns gegenseitig mehr unterstützen.
PIRSCH: Was wünschen Sie sich für die kommenden Jahre?
Axel Cramer: Mehr Harmonie unter uns Jägern. Bessere Zusammenarbeit auf internationaler Ebene. Und dass die Tierrechtler mehr Einsicht bekommen in das, was wir tun und warum wir es tun.