Wie der Erleger mitteilte, konnte sich die Rehgeiß nur mit Mühe auf den Läufen halten und musste erlöst werden. Es konnte keine deutliche Abmagerung festgestellt werden. Bei der Untersuchung des Gesäuges stachen dessen massive Zitzenveränderungen sowie die brandig veränderte Zitzenumgebung ins Auge. Beim Aufbrechen zeigte sich, dass die Geiß inne hatte. Die inneren Organe wiesen mit Ausnahme der unterschiedlich großen Nieren und einer Zystenbildung in der Rinde der Linken keine weiteren Auffälligkeiten auf.
Der vom Erleger geäußerte Verdacht einer großflächigen Gesäugeverletzung durch Stacheldraht ließ sich durch die Betrachtung der Bilder nicht erhärten. Vielmehr konnte die Diagnose „Gesäuge-Entzündung“ gestellt werden. Der Abschuss, auch während der Schonzeit, war eindeutig gerechtfertigt und aus Tierschutzgründen angebracht.

Seltener Befund bei Wildtieren
Gesäugeentzündungen bei Wildtieren kommen sehr selten vor. Grund dafür ist allein schon, dass Wildtiere deutlich geringere Milchleistungen als hochgezüchteten Milchrinder, Milchschafe oder -ziegen haben. Zudem bietet der Verschluss des milchführenden Systems nach außen, der Schließmuskel oder der so genannte „Strichkanal“ einen besseren Verschluss als bei hochleistenden Nutztieren mit hohem Milchfluss.
Wegen dieser geringeren Milchleistung und dem besseren Strichkanalverschluss bei Wildtieren ist das Risiko einer Gesäuge-Entzündung (Mastitis) selbst bei Verlust des säugenden Jungtiers in den ersten Tagen nach dem Setzen (was ja häufig vorkommt) minimal. Und bei Wildtieren noch seltener sind Fälle wie der Beschriebene, wo die Entzündung am noch nicht laktierenden Gesäuge auftrat.
Übertragung der Infektion durch Insekten
Auffällig am abgebildeten erkrankten Gesäuge sind die sehr großen Zitzen. Möglicherweise deutet dies auf ein noch immer stattgefundenes Säugen der vorjährigen Kitze (oder Ansaugen durch Schwester?) hin. Ein solches Säugen könnte auch für den Eintrag von Bakterien in den Strichkanal und damit das Entstehen der Mastitis verantwortlich gemacht werden.
Ein ähnliches Krankheitsbild ist beim Rind bekannt, wo Färsen auf der Weide an einer sogenannten Pyogenes-Mastitis erkranken können. In deren Gefolge geben die betroffenen Euterviertel nach dem Abkalben keine Milch mehr. Die Infektionsübertragung erfolgt häufig durch Fliegen, die sich auf der Zitzenspitze niederlassen oder durch Ansaugen des noch nicht Milch gebenden Euters durch mitlaufende Weidetiere.
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