„Das waren noch Zeiten“, bekunden sich ältere Jäger oft gegenseitig, wenn sie in Erinnerungen schwelgen. Nicht selten geht es dabei ums Niederwild: Flintenjagden, Kesseltreiben, Böhmische Streifen und Strecken, von denen sich heute in den meisten Regionen nur träumen lässt. Eine intensivierte Landwirtschaft, bereinigte Feldflur, aber auch der geringe Stellenwert, den die Raubwildbejagung mit der Zeit annahm, ließen die Besätze schrumpfen. Gut gepflegte Niederwildreviere sind heutzutage vergleichsweise rar, Einladungen zu „Hasentreiben“ werden immer weniger ausgesprochen.
Zählungen erfolgen nachts
Wer in seinem Revier feststellen möchte, ob eine nachhaltige Bejagung des Feldhasen möglich ist, setzte bislang auf die sogenannte Scheinwerfertaxation. Hierbei werden aus einem langsam fahrenden KFZ die vorher bestimmten Flächen abgeleuchtet. Man verwendet einen Handscheinwerfer und zählt die durch Reflektion der Seher gut wahrnehmbaren Hasen auf der Beifahrerseite.
Jährlich sind vier bis sechs Zählungen notwendig, je zwei bis drei im Frühjahr und Herbst. Die Erfassung erfolgt nachts, da Feldhasen, abgesehen von der Rammelzeit, überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv sind. Die Populationsdichte der Hasen wird so auf einem Referenzgebiet festgestellt und davon ausgehend die Höhe des Besatzes für das Gesamtrevier errechnet. Damit ist die Scheinwerferzählung lediglich ein Stichprobenverfahren und gibt nie den tatsächlichen Besatz wieder. Und doch liefert diese Methode beim Feldhasen vergleichsweise zuverlässige Ergebnisse.

Scheinwerfermethode noch zeitgemäß?
Hier und da werden aber Stimmen laut, die dieses Vorgehen als veraltet und zu ungenau betrachten. Zeit- und Personalaufwändig sei es außerdem. Die Scheinwerferzählung könne leicht durch Geländestrukturen oder Bewuchs, aber auch durch Hasen, die sich in der Sasse ducken, verfälscht werden. Mit der dieser Tage zum Standard-Rüstzeug in vielen Jagdrucksäcken gehörenden Wärmebildtechnik hingegen sei eine aufgrund der „Blickweite“ und Detektionsempfindlichkeit eines hochwertigen Gerätes genauere, komfortablere Zählung möglich.
Zudem lassen sich damit auch andere Wildarten gut erfassen bzw. deren Aktivitätsphasen, Wechsel und Pässe erkennen. So hört man zum Beispiel immer wieder, es sei kein Rehwild mehr da (meist weil der böse Nachbar „alles schießt, was das Haupt rausstreckt“), nur weil man über längere Zeit keinen Anblick hatte. Leuchtet man aber in der Dunkelheit die Äcker und Wiesen mit einem Wärmebildgerät ab, bemerkt man sehr schnell, dass die Stücke nur ihre Aktivität verlagert haben. Die Zählung von Rehwild per Wärmebildgerät mag keine endgültige Bestandserfassung sein, sie zeigt jedoch einen Mindestbestand und lässt so revierspezifische Rückschlüsse zu.
Flächen für die Hasen-Zählung festlegen
Doch zurück zur Hasenzählung: Die Methodik mit dem Wärmebildgerät erfolgt in der Durchführung analog zur Scheinwerfertaxation. Zunächst legen Sie die Zählstrecken fest, die das Anbauverhältnis landwirtschaftlicher Kulturen des jeweiligen Gebietes berücksichtigen. Die Untersuchungsflächen sollten in etwa das Revier „im Kleinen“ abbilden. Als Mindestfläche empfehlen sich in Summe aller Taxationsflächen etwa 200 ha.
Einmal festgelegt, ist es notwendig, die Bereiche, in denen Zählungen stattfinden, in den Folgejahren beizubehalten. Nur so lässt sich ein repräsentatives Ergebnis sicherstellen. Ähnlich wie bei der Scheinwerfertaxation erleichtert eine niedrige Vegetation auch mit dem Wärmebildgerät die Zählung. So bieten, in Bezug auf die landwirtschaftlichen Verhältnisse, meist der März für die Frühjahrszählung sowie der Oktober und November im Herbst die idealen Bedingungen. Zudem finden wir in diesen Monaten auch die relevanten Bezugsgrößen für die Untersuchung der Populationsdynamik:
- Frühjahr: Stammbesatz vor Beginn der Fortpflanzungsperiode (Zählung Anfang März bis Mitte April, stets mit Beginn des Vegetationswachstums auf den Agrarflächen).
- Herbst: Besatz vor der Bejagung, aber nach Abschluss der Fortpflanzungsperiode (Zählung Mitte Oktober bis Mitte Dezember). Wie gesagt ist es äußerst wichtig, stets vor der Bejagung zu zählen! In Gebieten mit starkem Rüben- oder Maisanbau liegt der bestmögliche Termin in der Zeit, wenn die Ernte weit fortgeschritten ist und die nachfolgenden Zwischenfrüchte noch nicht zu hoch stehen.
Hasen zählen: So gehen Sie vor
Als Faustregel empfiehlt das Wildtiermonitoring Bayern die folgenden Richtwerte, die auch den Empfehlungen von W.I.L.D. (Deutscher Jagdverband 2002) entsprechen:
- Zählbeginn: ca. 1,5 h nach Sonnenuntergang
- Zähldauer: zwei bis maximal drei Stunden (aufgrund schwindender Konzentration bei Fahrer und Beobachter)
- Zähltermine: Jeweils im Frühjahr und im Herbst mindestens zwei Zählungen, die maximal zehn Tage auseinanderliegen. Eine dritte Zählung wird dann notwendig, wenn die beiden Ergebnisse der Frühjahrs- bzw. Herbstzählung mehr als 25 % vom Mittelwert abweichen.
- Die erfassten Strecken bzw. Bereiche müssen identisch sein, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten.
- Die Besatzdichte, die für gewöhnlich in „Hasen pro 100 Hektar“ angegeben wird, errechnet sich nach der Formel: Summe der Hasen/ Zählfläche in Hektar x 100
- Die Berechnung der Nettozuwachsrate (%) ist flächenunabhängig und spiegelt den Populationszuwachs vom Frühjahr zum Herbst, d.h. den Zuwachs an Junghasen abzüglich der Althasenverluste, zum Zählzeitpunkt wider. Die Formel hierzu lautet: (Mittelwert Herbstzählungen – Mittelwert Frühjahrszählungen) x 100/ Mittelwert Frühjahrszählungen.
Die Zählung sollte nach Einbruch der Dunkelheit beginnen, jedoch im Idealfall bis Mitternacht abgeschlossen sein. Denn dann sinkt die Aktivität der Hasen. Trockenes Wetter mit ruhigem Wind ist für die Zählung optimal. Nebel, starker Regen und Schneefall können das Ergebnis negativ beeinflussen. Tage, an denen landwirtschaftliche Bodenbearbeitungen auf den Zählflächen stattgefunden haben, sollten ebenfalls gemieden werden. Erstzählung und Folgezählung dürfen nicht mehr als zehn Tage auseinanderliegen. Für eine größtmögliche Vergleichbarkeit müssen die Bedingungen wie Wetter, Zeit, Dauer, Temperatur und Stand der Vegetation an den Zähltagen weitestgehend ähnlich sein.

Mehrere Personen zur Zählung mitnehmen
In der Praxis empfiehlt es sich, die Zählung mit zwei oder drei Personen durchzuführen: Ein Fahrer, ein Beobachter und ein Protokollant wären optimal. Tipp: Zähl-Apps fürs Smartphone erleichtern die Zählung ungemein. Durch Tippen auf das Display dreht sich der Zähler eine Stelle weiter, analog zu einem manuellen Handklicker. Am Wärmebildgerät sollte man ohnehin nicht sparen, eine gewisse Qualität ist auch für Wildzählungen von Nöten. Gehobene Mittelklasse-Geräte bieten die nötige Leistung, um Hasen auch auf weitere Distanzen sicher als solche ansprechen zu können und nicht nur reine Wärmequellen als weiße Punkte im Feld zu zählen.
Es muss jedoch betont werden, dass die Wärmebildmethode kein derzeit anerkanntes Verfahren im Rahmen des offiziellen Wildtiermonitorings darstellt. In Fachkreisen rechnet man jedoch damit, dass diese Methode, aufgrund zunehmender Verbreitung der Wärmebildtechnik, auch in die Praxis Einzug halten wird. Derzeit weisen Wildtiermonitoring Bayern und W.I.L.D. aber ausdrücklich auf die Scheinwerfertaxation als einzig zulässige Methode hin, um eine flächendeckende Vergleichbarkeit sicherzustellen.
Diese Monitoringprogramme stellen die Datengrundlage für die Dokumentation von Wildtierpopulationen. W.I.L.D. (Wildtier-Informationssystem der Länder Deutschlands) ist ein Projekt des Deutschen Jagdverbandes e. V. (DJV) und seiner Landesjagdverbände, das seit 2001 Daten erhebt und aufbereitet. Der Bayerische Jagdverband hat 2009 mit dem Wildtiermonitoring Bayern eine eigenständige Stelle eingeführt. So soll die vom Gesetzgeber geforderte Wildbestandsermittlung (z. B. § 13 AVBayJG oder § 43 JWMG) sichergestellt werden.
Warum sollte man überhaupt zählen?
Und wofür das alles? Aussagekräftige Daten sind wertvoll für politische Entscheidungen und helfen, die Diskussionen über die Besatzentwicklung und Bejagung des Feldhasen zu versachlichen. Die Hessische Jagdverordnung beispielsweise schränkt die Jagd auf unter anderem Feldhasen und Rebhühner auf „Gebiete mit ausreichenden Besätzen“ ein. Hier sind Jäger in der Pflicht, bei der Aufnahme dieser Daten zu unterstützen. Ziel der Hege, die (noch) im Bundesjagdgesetz vorgegeben ist, ist auch die Entwicklung von Strategien für den Erhalt und die nachhaltige Nutzung von Wildtieren.
Bestände und Besätze nur über Streckenentwicklungen zu analysieren, ist langfristig nicht sinnvoll, da so immer nur die erlegten, also entnommenen Tiere gezählt werden und eben nicht die verbliebenen, lebenden. Gegenüber Entscheidern hilft es immens, Forderungen nach Förderungen für beispielsweise Fallen, Fallenmelder, Saatmischungen, Futtereimer etc. aufrecht zuerhalten, wenn deren Nutzen durch dokumentierte Besatzverbesserungen untermauert wird.
Letztlich hilft Wildtiermonitoring aber auch, das öffentliche Bild von Jagd und Jägern zu verbessern. So kann durch fundierte Zahlen belegt werden, wie erfolgreich Hegemaßnahmen wie Lebensraumverbesserungen, Prädatorenmanagement usw. umgesetzt werden. Der viel beschworene „Lohn der Hege“ liegt damit nicht nur in der Durchführbarkeit von Niederwildjagden zum Abschöpfen des Zuwachses, sondern in der tatsächlichen, nachvollziehbaren Bestandssicherung. Weg vom Image des reinen „Totbringers“ zum „Arterhalter“, der schützt und nützt. Ein Benefit für die gesamte Jägerschaft.