Es ist unter deutschen Jägern eigentlich eine lange gewachsene Tradition, Schalenwild aufzubrechen und es dann in der Decke oder Schwarte mehrere Tage in der Kühlung abhängen und reifen zu lassen. Erst danach wird aus der Decke geschlagen bzw. abgeschwartet und das Wildbret küchenfertig hergerichtet. Zunehmend finden sich jedoch Jäger, die ihr frisch erlegtes Schalenwild noch warm aus der Decke schlagen, bevor es direkt im Anschluss aufgebrochen wird – selbstverständlich nur dann, wenn geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen und nicht bereits im Wald aufgebrochen werden muss.
Verfechter der ersten Variante befürchten ein zu starkes Austrocknen des Wildbrets und lassen ihr Wild in der Decke abhängen. Wer hingegen schon mal im Ausland gejagt hat, wird schon öfter mitbekommen haben, dass das frisch erlegte Wild zuerst gehäutet wird, bevor es aufgebrochen, abgespült und der Schusskanal großzügig ausgeschnitten wird. Auch beim Blick in die Kühlräume eines Schlachthofes wird man dort kein Nutzvieh im Fell sehen. Das wird sicherlich nicht grundlos geschehen. Die Vorteile, ein Stück Schalenwild noch warm und vor dem Aufbrechen aus der Decke zu schlagen, sprechen demnach für sich.
Lagerung ohne Decke ist etwas platzsparender
Unbestritten geht das Abschwarten oder Aus-der-Decke-Schlagen bei einem warmen Stück wesentlich leichter und schneller. Gelangen nur mehr enthäutete Wildkörper in die Kühlung, reduziert sich die Verunreinigung auf wenige Schweißtropfen. Insbesondere Außenparasiten, lose und ausgefallene Haare bei Stücken im Haarwechsel sowie Boden- und Schlammteile gelangen nicht in den Kühlbereich. Zusätzlich ist die Lagerung ohne Decke etwas platzsparender. Allerdings dürfen in einer Kühlzelle nicht gleichzeitig Stücke mit und ohne Decke hängen. Dies würde im Zweifelsfall eine zweite Kühlmöglichkeit erforderlich machen, insofern man nicht mit jedem Stück gleich verfährt.
Wildbretverkauf wird transparenter
Wildkörper ohne Decke lassen schnell Ausmaße von Schussverletzungen, Wildbretentwertung und Hämatomen erkennen. Die Bereiche um den Ein- und Ausschuss können leicht großflächig ausgeschnitten und anschließend mit Trinkwasser ausgespritzt werden. Für jeden Wildbretkäufer ist so gleich erkennbar, wie es um die Qualität des Stückes bestellt ist. Insbesondere Mehrfachtreffer von Drückjagdsauen in der dichten Winterschwarte oder flächiger Befall des Rückens mit Dasselfliegenlarven bleiben so nicht unerkannt und gehen als „Mogelpackung“ über den Tisch. Der Wildbretverkauf wird deutlich fairer und transparenter für beide Seiten. Zudem kann der gesamte Teil des Wildes, der nicht als Lebensmittel dient, gleichzeitig mit dem Aufbruch entsorgt werden.
Dass das Gewicht des aufgebrochenen Stücks in der Decke bei dieser Methode nicht ermittelt werden kann, muss beim Verkauf beachtet werden. Für die Abrechnung ganzer Stücke bieten sich daher verschiedene Varianten an. Entweder ermittelt man durch Probewiegen einiger Stücke einen Umrechnungsfaktor für sein Revier, der angibt, was das Stück in der Decke gewogen hätte – wobei dies die ungenauere Variante wäre – oder man rechnet mit dem Gewicht des aus der Decke geschlagenen Stücks und einem entsprechend höheren Kilopreis. Bei ersterer Variante kommt hinzu, dass der Wert des Umrechnungsfaktors für jede Wildart gesondert ermittelt werden müsste und es im Sommer und Winter zu erheblichen Unterschieden beim Gewicht der Decke kommen kann. Außerdem ist zu ergründen, ob der Wildbretkunde das Wild in dieser Form überhaupt annimmt.

Schloss nicht vor dem Zerwirken öffnen
Die Oberfläche des Wildbrets trocknet unbestritten und nimmt nach wenigen Tagen im Idealfall sogar die Konsistenz von Pergamentpapier an. In der zirkulierenden Umluft der Kühlung passiert der Prozess sogar relativ rasch. Doch das ist keinesfalls eine Wertminderung, sondern verhindert die schnelle und unkontrollierte Vermehrung von Keimen. Keime werden durch das großflächige Ausschneiden des durch den Schuss zerstörten Wildbrets sowie durch das schnelle Abtrocknen der Oberfläche stark reduziert. Vor allem bei ausgewaschenen Stücken, die in der Decke oder Schwarte bleiben, ist dies so nie zu erreichen. Das eigentliche wertvolle Wildbret muss ohnehin vor der Verwertung in der Küche von den anhaftenden Silberhäuten befreit werden. Sie bieten einen vergleichsweise keimreduzierten Rundumschutz, solange sie nicht durchtrennt werden. Aus diesem Grund sollte das Stück in jedem Fall auch ohne Decke geringelt und das Schloss nicht vor dem Zerwirken geöffnet werden.