Der Silomais ist Ende September vielerorts vom Halm. Für den Jäger bieten sich mit den abgeernteten Flächen endlich freie Sicht- und Bejagungsmöglichkeiten. Da die Maisstoppeln auch nach der Ernte noch reichlich Fraß liefern, ist die Gelegenheit gekommen Strecke zu machen. Doch selbstverständlich passen auch die Sauen ihr Verhalten unverzüglich an die geänderte Situation an. Sie sind sich ihres fehlenden Sichtschutzes durchaus bewusst. Steht der Mais noch, hört man die Sauen nicht selten auf geringste Entfernungen. Das ändert sich schlagartig mit der fehlenden Deckung. Offen bleibt für den Jäger jedoch, wie die Sauen im Einzelnen auf den Mais-Ernteschock reagieren. Wie schnell kommen sie zum Beispiel wieder zurück und wie regelmäßig werden sie die Maisstoppeln von nun an aufsuchen?
Verschiedene „Typen“ von Risikobereitschaft
Während der Jäger das Verhalten des Schwarzwildes nur bruchstückhaft nachvollziehen kann, liefert die Wildbiologie mit ihren leistungsfähigen Überwachungsinstrumenten klare Antworten. Bezüglich der grundsätzlichen Nutzung von Feldern und anderen Lebensräumen fanden Keuling und Kollegen (2008) heraus, dass unter den Sauen verschiedene Nutzungstypen existieren. So leben einige Rotten als reine Waldsauen. Das bedeutet, dass sie selbst wenn Felder räumlich verfügbar sind, auch über die Sommermonate im Wald bleiben. Daneben existieren so genannte Pendler. Diese Sauen wechseln über die warme Jahreszeit permanent zwischen Wald und Feld hin und her. Üblicherweise liegen ihre Tagesschlafplätze dabei im Wald. Letztlich gibt es auch Sauen, die ihren Lebensraum im Sommer und weite Teile des Herbstes im Prinzip gänzlich ins Feld verlagern.
Die Zeit in der der Mais für die Sauen attraktiv wird, beginnt in Abhängigkeit von den Vegetationsbedingungen ab Mitte August. Wird der Mais vom Schwarzwild bis dahin sogar eher gemieden, ist er nun zum Anziehungspunkt geworden. Zu diesem Zeitpunkt ist das Kolbenwachstum so weit vorangeschritten, dass sie von den Sauen nun begierig angenommen werden. Einige Rotten machen das grüne Halmenmeer nun sogar zu ihrem permanenten Aufenthaltsbereich. Dabei sind größere Schläge eher dazu prädestiniert, dass sich die Sauen dauerhaft einschieben.
Ist der Mais abgeerntet, bleiben die Stoppeln für die Sauen weiterhin hoch attraktiv. Aus meinen eigenen jagdstatistischen Aufzeichnungen geht hervor, dass die Nächte unmittelbar nach der Ernte gute Aussicht auf Jagderfolg versprechen. Dabei gelang es teilweise sogar zwei Stücken aus einer Rotte zu entnehmen. Denn sitzt der erste Schuss und die Rotte stiebt auseinander, verhoffen manchmal andere Stücke, um sich zu orientieren. Dann bietet sich erneut die Gelegenheit, einen Schuss anzutragen.

Schwarzwild: Hartnäckig bleiben zahlt sich aus
Da die Maisflächen von mehreren Rotten aufgesucht werden, zahlt sich Sitzfleisch aus. Selbst nach einer Erlegung kann man im Verlauf einer Nacht nochmal auf eine andere Rotte erfolgreich sein. Aber auch die Folgetage bleiben aussichtsreich. In vereinzelten Fällen konnte ich nachvollziehen, dass bestimmte Rotten auch nach einer Erlegung in der Folgenacht wieder auf dem gleichen Acker waren. Auch Linderroth (2016) dokumentiert in seinen Untersuchungen eine ähnliche Reaktion. Dabei wurde zunächst ein Frischling aus einer aus neun Stücken bestehenden Rotte erlegt, woraufhin jene etwa 1,5 km flüchtete. Bereits in der Nacht danach kehrten sie zurück, und es wurde erneut eine Sau der Rotte erlegt. Erst diese zweite Erlegung veranlasste den Verband, den Ort länger zu meiden.
Was lockt die Sauen?
- Bereits Heinz Meynhardt befasste sich in seinen Fütterungsexperimenten umfassend mit den Fraßgewohnheiten des Schwarzwildes. Dabei testete er unter anderem einige dutzend Kartoffelsorten und stellte fest, dass es deutliche Präferenzen bei den Sauen gab.
- Die einfache Formel lautete, je höher der Stärkegehalt, desto weniger attraktiv war die betreffende Sorte. Geradezu anziehend wirkte die Sorte Adretta, die auch beim Menschen bis heute hoch im Kurs steht. Die Versuchsergebnisse von Meynhardt wurden später gezielt bei der Anbauplanung angewendet, um Wildschäden so gering wie möglich zu halten.
- Neben Kartoffeln haben Sauen bekanntermaßen eine Vorliebe für Eicheln und Mais. Grundsätzlich gilt dabei immer, dass frischer Fraß vom Feld oder Baum bevorzugt wird. Eine Kirrung kann also noch so gut angelegt sein, wenn es natürliche Alternativen gibt, bleibt die Bühne zumeist leer.
Sauen: So reagiert Schwarzwild auf Abschüsse
Dies schloss nicht nur die nächtliche Nutzung ein, sondern auch die Tageseinstände. Diese lagen bis dahin stets in der Nähe des Erlegungsplatzes. Generell scheinen Sauen sehr individuell auf Abschüsse von Rottenmitgliedern zu reagieren. Die Reaktion ist dabei stark von älteren Erfahrungen abhängig. So vermeiden alte Bachen über Wochen oder gar Monate Plätze, an denen sie ein Mitglied aus ihrer Rotte verloren haben (Zoller 2016).
Einfach probieren führt bei Sauen zum Erfolg
Daten zur Aktivität des Schwarzwildes dokumentieren, dass diese Wildart im Herbst zwischen Sonnenuntergang und -aufgang nahezu gleichbleibend auf Nahrungssuche und damit auf den Läufen ist. Unmittelbar leitet sich daraus ab, es jagdlich auch mal azyklisch zu versuchen. Das Ausnutzen der zweite Nachthälfte sollte, sofern dies möglich ist, immer wieder praktiziert werden. Wie sie sich jedoch im Einzelnen verhalten und wo sie wann auftauchen, ist und bleibt unvorhersehbar. Berechnungen haben ergeben, dass sich aus einem aktuellen Aufenthaltspunkt nicht ableiten lässt, wo sie als nächstes auftauchen. Diese Unberechenbarkeit ist zentrales Element ihrer Feindvermeidungsstrategie. Sicher bleibt, dass attraktive Fraßplätze regelmäßig aufgesucht werden. Auch wenn es diesbezüglich eine hohe individuelle Varianz gibt, werden derartige Plätze durchschnittlich jeden zweiten bis dritten Tag aufgesucht.
Schwarzwild und Kirrungen: Immer ein Weg zum Jagderfolg
- Mit dem Mais verschwindet für die Sauen ein sicherer Einstand. Ihr Aufenthaltsschwerpunkt verlagert sich nun wieder Richtung Wald. Gleichzeitig gewinnt die Kirrung an Bedeutung. Untersuchungen haben gezeigt, dass ab Herbst die Schwarzwildbesuche deutlich ansteigen. Studien verdeutlichen, dass Kirrungen von den Rotten im Herbst und Winter im Durchschnitt zweimal die Woche aufgesucht werden. Ihre rechtzeitige Aktivierung, kann nun einen erheblichen Anteil zur Gesamtsauenstrecke leisten.
- Im Jahresverlauf fallen im Durchschnitt ca. 50 % der Sauen an der Kirrung. Richtig angewendet stellen sie demnach ein geeignetes Instrument zur Schwarzwilddezimierung dar. Die Lage der Kirrung ist dabei von entscheidender Bedeutung. Generell ist es günstig, wenn die Ansitzeinrichtung so platziert wird, dass der Wind die Wittrung des Jägers auf eine offenere Fläche trägt. Den Sauen wird das Windholen dann nahezu unmöglich gemacht. Bei der Positionierung der Kirrung geht es grundsätzlich auch um die Frage, ob die Kirrung eher einstandsnah oder -fern gewählt werden soll.
- Während in der Jagdpraxis oft die einstandsnahen Kirrungen mit dem Argument bevorzugt werden, dass die Sauen dann keine langen Wege machen müssten, kommt der wissenschaftliche Versuch zu einem anderen Ergebnis: Die Entscheidung fällt zugunsten der einstandsfernen Variante aus. Zwei Drittel der Kirrungsbesuche entfallen darauf (Wimberger 2016). KB
Schwarzwild am Mais jagen: Das schafft dem Jäger den Vorsprung
Auch die Maisstoppel bleibt über den gesamten Herbst und Winter hinweg eine Fläche mit hoher Anziehungskraft. Wer über ein günstiges Wegenetz verfügt, kann Flächen aus der Entfernung mit dem Wärmebildgerät ableuchten und die Sauen dann gezielt angehen. Der technische Vorsprung, den uns die Wärmebildtechnik verschafft, sollte aber auch im Sinne der Weidgerechtigkeit eingesetzt werden. Sichere Schüsse und tierschutzgerechte Tötung sind und bleiben unser Anspruch.
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