Schießnachweis: Wer bestehen will, muss trainieren

Schießnachweise für die Teilnahme an Gesellschaftsjagden setzen ein vernünftiges Training voraus. Das hat positive Auswirkungen.
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19. Mai 2023
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Zu einer waidgerechten Jagd gehört auch regelmäßiges Training auf dem Schießstand.
Zu einer waidgerechten Jagd gehört auch regelmäßiges Training auf dem Schießstand.

Das Bundesjagdgesetz verlangt, dass „bei der Ausübung der Jagd die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten“ sind. Was darunter zu verstehen ist, bleibt aber unklar. Der Deutsche Jagdverband (DJV) hat deshalb ein Positionspapier veröffentlicht. Demnach umfasst die Waidgerechtigkeit all jenes, was man im Berufsleben als „gute fachliche Praxis“ bezeichnen würde.

Einige Bundesländer haben das Schießen im Sitzen in der Jägerprüfungsordnung.
Einige Bundesländer haben das Schießen im Sitzen in der Jägerprüfungsordnung.

Damit gehören zur modernen Jagd zwingend der Tierschutz und die innere Einstellung des Jägers zum Tier als Mitgeschöpf. Diesem Mitgeschöpf dürfen nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen zugefügt werden. Vermeidbare Schmerzen sind zu ersparen. Dieses Gebot findet sich auch im Tierschutzgesetz wieder. Es verlangt zudem, dass nur derjenige ein Wirbeltier töten darf, der die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat.

Durchschnittlich dreimal pro Jahr

In den Lehrgängen zur Jägerprüfung werden angehende Jungjäger entsprechend geschult, damit sie zum Zeitpunkt ihrer Prüfung beim Schießen die Kenntnisse, Fähigkeiten, Sensibilität und ein gewisses Maß an Routine im Umgang mit Schusswaffen entwickelt haben. Dafür reichen z. B. in der Ausbildung des Jägerlehrhofes Springe meist sieben bis acht Schießtermine aus. Um nach der Jägerprüfung die Leistungen zu verbessern, auf einem akzeptablen Niveau zu halten und Routine zu entwickeln, muss weiter trainiert werden. Laut der letztjährigen Mitgliederbefragung des DJV von 1.300 Personen mit Jagdschein gehen 41 Prozent für ein Training ein- bis zweimal pro Jahr auf den Schießstand/-kino. 20 Prozent üben drei- bis viermal jährlich und 33 Prozent der Umfrage-Teilnehmer trainieren sogar öfter als viermal im Jahr. Im Durchschnitt entsprechen die Ergebnisse drei Schießstandbesuchen pro Jahr.

Bei Gesellschaftsjagden der Landesforsten wird ein jährlicher Schießnachweis verlangt.
Bei Gesellschaftsjagden der Landesforsten wird ein jährlicher Schießnachweis verlangt.

Christian Reinecke ist Obmann fürs Schießen bei der Jägerschaft Seesen. Er sagt: „Es macht sich bemerkbar, wenn jemand öfter auf dem Schießstand ist, regelmäßig schießt und sich mit seinem Werkzeug beschäftigt.“ Seine Erkenntnisse decken sich mit denen anderer Schießobleute. Jörg Lüddeke ist Schießobmann der Jägerschaft Osterode (Niedersachsen). „Diejenigen, die regelmäßig zum Üben auf den Schießstand kommen, verbessern ihre Resultate permanent. Im Gegensatz zu denjenigen, die nur einmal im Jahr auf den Stand gehen und mit Mühe die Voraussetzungen für Keilernadeln usw. bestehen.

Elektronische Anzeigen zeigen umgehend das Trefferergebnis.
Elektronische Anzeigen zeigen umgehend das Trefferergebnis.

Die dann erzielten Treffer sind eher Zufallsprodukte, aber keine reproduzierbaren Resultate“, sagt er. Dies bestätigen Schäden im Kugelfang von Schießständen. Die Jägerschaft Gifhorn z. B. muss aktuell ihre Schießbahn für den Laufenden Keiler sanieren. Manko ist aus Sicht der Schießobleute die Abzugskontrolle. Für Christian Reinecke ist es erforderlich, dass Jäger ihr Werkzeug zu 100 % beherrschen, bevor sie ein Stück Wild erlegen.

Gute Erfahrung in den Staatsbetrieben

Damit Bewegungsjagden tierschutzgerecht und erfolgreich ablaufen, fordern die Landesforsten schon seit einigen Jahren einen Schießnachweis. Der Waldumbau hin zu mehr Mischwäldern mit flächendeckender Naturverjüngung fordert von Schützen eine hohe Konzentration sowie eine sichere und schnelle Schießtechnik. Es sei notwendig, sich mit Trainingsschießen auf diese Herausforderungen vorzubereiten, heißt es dort. Mindestens einmal im Jahr muss jeder Waidgeselle, der bei den Landesforsten jagen will, auf dem Schießstand oder im Schießkino mit einem hochwildtauglichen Kaliber geübt haben.

Schießobmann Jörg Lüdekke während dem Schießbetrieb auf dem Flintenstand.
Schießobmann Jörg Lüdekke während dem Schießbetrieb auf dem Flintenstand.

Beispielsweise in Niedersachsen gilt als erfolgreiche Teilnahme die Erfüllung der Anforderungen der LJN-Keilernadel. Dies bedeutet: Von fünf Schüssen auf den Laufenden Keiler müssen zwei Schüsse in den Ringen liegen – nach hinten aber mindestens im 5er Ring. Als Alternative gelten 20 Schüsse in einem hochwildtauglichen Kaliber, die hintereinander auf den Laufenden Keiler oder entsprechende Ziele im Schießkino abgegeben werden.

Klar definierte Vorgaben

In die Neubekanntmachung des Niedersächsischen Jagdgesetzes vom vergangenen Jahr ist sogar eine Regelung zum Schießübungsnachweis aufgenommen worden – allerdings ohne definierte Leistungen. Dort steht, dass bei einer Gesellschaftsjagd jeder Teilnehmer, der die Jagd ausüben will, einen Schießübungsnachweis, der nicht älter als ein Jahr ist, mit sich zu führen und dem Jagdleiter auf Verlangen vorzuzeigen hat. Das nachgewiesene Übungsschießen muss mit der gleichen Art von Munition durchgeführt worden sein, die während der jeweiligen Gesellschaftsjagd verwendet wird. Also für die Drückjagd auf Schalenwild ein Übungsschießen mit Büchsenmunition, für die Treibjagd auf Hasen und Fasanen mit Flinte und Schrot.

Regelmäßiges Üben auf den Laufenden Keiler verbessert die Treffsicherheit bei Bewegungsjagden.
Regelmäßiges Üben auf den Laufenden Keiler verbessert die Treffsicherheit bei Bewegungsjagden.

Zudem wird die Oberste Jagdbehörde ermächtigt, in einer Verordnung Umfang und Inhalt der erforderlichen Schießübung, Gestaltung des schriftlichen Nachweises sowie Anforderungen an Übungsstätten, in denen der Nachweis erbracht werden kann, festzulegen und die Anerkennung von Schießnachweisen anderer Bundesländer zu regeln. Überdies haben die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass sie sich durch eine Bundesratsinitiative für eine bundeseinheitliche Regelung einsetzen wollen. Die Vorsitzende der Jägerschaft Gifhorn, Marion Klopp, begrüßt dies und wünscht sich für alle Jäger dieselben Vorgaben. „Eine Unterscheidung nach Alter, Jagdscheinjahren oder Verantwortlichkeit ist nicht zielführend – wir jagen alle auf das gleiche Wild“, sagt sie.

Dass Teilnehmer an Bewegungsjagden verpflichtend die Anforderungen für die LJN-Keilernadel erfüllen müssen, hat sich Jörg Lüddeke zufolge positiv ausgewirkt. Bei Jagden mit Schießnachweis habe sich das Verhältnis der abgegebenen Schüsse zu erlegtem Wild verbessert. „Das brauchen wir auch für den Rehbock für Ansitzjagden“, regt er an. Niedersachsens Nachbarländer wie Hessen, Thüringen und Bremen haben das dabei übliche Büchsenschießen im Sitzen bereits in ihre Jägerprüfungsordnungen aufgenommen.

Wer auf Niederwild jagen möchte, muss für den Schießnachweis mit der Flinte üben.
Wer auf Niederwild jagen möchte, muss für den Schießnachweis mit der Flinte üben.

Ganz anders als in waldreichen Gegenden wie dem Bayerischen Wald oder Thüringer Wald sind die Verhältnisse hingegen im flachen Norden Deutschlands. In den dortigen Feldrevieren erlegt mancher Jäger mit der Büchse pro Jahr seinen Rehbock. Ansonsten erfüllen die Jäger ihre wichtige Aufgabe mit der Flinte. Da bestimmte Besätze rasant anwachsen, während andere geringer sind, machen – überspitzt ausgedrückt – manche Jäger bei der Krähen- und Gänsejagd Strecke, während manch anderer bei Treibjagden wenig Beute macht. Trotz aller Unterschiede muss nach guter fachlicher Praxis gejagt werden.

Doch die Schießstände liegen zum Teil weit weg und manchem Jäger sind der Aufwand, der gefühlte Zeitdruck und viele Schützen angesichts kurzer Öffnungszeiten mit der daraus resultierenden Belastung auf dem Schießstand schlicht zu hoch. Müssen sie, um an einer Treibjagd dabei sein zu dürfen, beim Schrot-Schießen für den Schießnachweis schwierige Leistungen erbringen, wird sich vielleicht der ein oder andere Waidgeselle denken: „Für das bisschen, was ich erlege, tue ich mir das nicht mehr an.“

Tierschutzgesetz § 4

Das sagt das Gesetz

(1) ... Ist die Tötung eines Wirbeltieres ohne Betäubung im Rahmen weidgerechter Ausübung der Jagd oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften zulässig oder erfolgt sie im Rahmen zulässiger Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen, so darf die Tötung nur vorgenommen werden, wenn hierbei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen entstehen. Ein Wirbeltier töten darf nur, wer die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat.

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