Die Jagdstrecken bei Neozoen steigen – vor allem beim Waschbären. Mit einer Steigerung um 32 Prozent auf 15.812 erlegte Exemplare fällt sie im aktuellen Landesjagdbericht 2018 der Landesjägerschaft Niedersachsen am deutlichsten aus. Insbesondere die Jäger der Landkreise Göttingen und Northeim haben mit 2.858 und 1.932 Bären zur hohen Gesamtzahl beigetragen, denn im dortigen Weser-Leine-Bergland kommt der Kleinbär in nahezu allen Revieren vor.
Das Mittel der Wahl
Wer sich auf den nachtaktiven Nahrungsgeneralisten einstellt, kann seine Jagdstrecke signifikant steigern. Das vorgestellte Beispiel gibt die Situation in einem 430 ha großen Feldrevier wieder. Es liegt an einem Höhenzug, beinhaltet einen kleinen Wald mit alten Bäumen an den Rändern und geht an seiner westlichen Reviergrenze in Buchenforst über.
Das Gros der Flächen wird zum Anbau von Raps, Weizen, Mais und Rüben genutzt. Es gibt große Wiesen und mehrere Bäche und Teiche mit zum Teil bruchiger Arrondierung. Ein kleiner Ort mit Brennholzlagern, Schuppen, Hühner- und Pferdeställen, Scheunen und Gärten mit Hausgeflügel und Komposthaufen liegt gute 200 m vom Wald entfernt.
Früher fanden im Revier Treibjagden auf Hasen statt. Später lag der Fokus auf Reh- und Schwarzwild. Es gibt einige Stockenten und wenige Rebhühner. Obendrein wies die Abschussliste für das vorangegangene Jagdjahr eine Handvoll erlegter Füchse und Waschbären aus.

Hauptwildart Waschbär
Kurz nach der Revierübernahme war das Ergebnis eines frühmorgendlichen Revierganges mit geliehener Wärmebildkamera der Anblick von vier Sauen, einigen Stücken Rehwild, drei Füchsen und ein paar Hasen. Im selben Zeitraum kamen mehr als 20 Waschbären in Anblick. Dies war der Anlass, die Fangjagd im Revier zu starten.
Welche Relevanz diese Jagdart für die Bejagung der Panzerknacker hat und dass sie das Mittel der Wahl ist, zeigt die Statistik des Wildtiererfassungssystems der Länder (WILD). Demnach nutzten im Jahr 2015 lediglich 17 Prozent der am Monitoring teilnehmenden Jagdbezirke Fallen. Sie erlegten aber mit 18.200 Bären rund 40 Prozent der erfassten Gesamtstrecke. 2017 wurden in den teilnehmenden Revieren 24.700 der erlegten Waschbären gefangen. Dies entspricht etwa 36 Prozent. Das bedeutet: Mehr als ein Drittel der dem WILD gemeldeten Waschbären wird per Falle gefangen.
Flexible Fallen einsetzen
Betonrohrfallen sind vergleichsweise kostspielig. Um effektiv zu sein, muss ihr Standort außerdem gut aufgeklärt werden – allerdings sollte schnell reagiert werden. Deshalb entschied sich der neue Revierpächter als Sofortmaßnahme zunächst für gewöhnliche 150-cm-Kastenfallen aus Siebdruckplatten. Sie sind preisgünstig, flexibel und müssen nicht wie Drahtkastenfallen separat verdunkelt werden. Die Auslösung erfolgt per Trittbrett oder vereinzelt mit Abzugsdraht.
Laut einschlägiger Literatur ranzen die Maskenträger im Januar und Februar. Die Fähen tragen 63 Tage und ziehen dann im April/Mai vorwiegend in Baumhöhlen, Schuppen, Siedlungen oder auf Dachböden zwei bis vier Welpen auf. Insofern sind die Bedingungen im Beispielrevier optimal. Waschbären sind oft nachts unterwegs und können gut klettern. Sie fressen Vogeleier und Nestlinge und nehmen Nisthilfen und Fledermauskästen auseinander. Überdies halten sie sich gern in Feuchtgebieten auf, suchen dort nach Kröten und Fröschen und fressen im Frühjahr auch deren Laich.
Klares Verhältnis
Insbesondere in der sensiblen Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit sind Waschbären mittlerweile Hauptprädatoren für kleine Wirbeltiere – dies hat mitunter akute ökologische Auswirkungen. Es lag daher nahe, die Fallen bevorzugt an Bachläufen und in der Nähe von Teichen zu positionieren.
In den folgenden zwei Jahren wurden insgesamt 64 Waschbären erlegt. Hiervon wurden 47 gefangen und 17 vom Ansitz geschossen. Drei weitere Bären waren Fallwild. Fünf der gefangenen Individuen wiesen Räude-Symptome auf. Von den Geschossenen zeigten sechs Krankheitssymptome wie Niesen, Husten, Durchfall, Unaufmerksamkeit, fehlende Fluchtanzeichen. Das Veterinäramt geht von Staupe aus.
Wilduhren zur Zeitbestimmung
Die meisten Bären wurden in den Monaten März (16), Juli (10), Juni (9), Februar (7), September und Oktober (je 6) erlegt. Im Dezember wurde keiner der Räuber erlegt und im Januar nur ein kranker Bär um 15 Uhr nachmittags – er wies Staupe-Symptome auf. Um auf einfache Weise die Fangzeiten zu dokumentieren, wurden klassische Wilduhren auf die Klappen der Fallen gestellt.
Sie stoppen, wenn die Klappen niederfallen und zeigen die Zeit des Fanges an. Zu 83 Prozent fingen die Fallen zwischen 22 und 6 Uhr. Fänge über den Tag machten lediglich ein Zehntel aller Fänge aus. Hervorzuheben ist, dass alle 17 während der zwei Jahre tagsüber gesehen Bären auch tatsächlich erlegt wurden und dass mehr als die Hälfte der gefangenen Bären (28) in unmittelbarer Nähe zum Wasser gefangen wurde.

Nach Rücksprache mit langjährigen Teichpächtern fiel bereits im zweiten Jahr der Bejagung auf, dass vergleichsweise viele Kröten an den Laichgewässern beobachtet werden konnten. Zu diesem Zeitpunkt wurden zudem bei den Teichen mehrfach Störche gesehen, was für das Beispielrevier eher ungewöhnlich ist.
Fazit: Angesichts des kurzen Beobachtungszeitraums sind die Eindrücke subjektiv. Sie ähneln aber praktischen Erfahrungen und statistischen Werten anderer Reviere. Das persönliche Fazit lässt sich in etwa so zusammenfassen:
- Auch wenn man nur wenige Waschbären sieht, können sie in großer Zahl anwesend sein.
- 75 Prozent der erlegten Waschbären wurden mit der Falle gefangen. Die Fangjagd ist ein geeignetes Mittel, um die Waschbärpopulation zu reduzieren.
- Zu fast 83 Prozent fingen die Fallen in einer Zeit, in der der normale Mensch schläft oder Jäger angesichts der Dunkelheit wenig sehen können. Die Fangjagd ist damit gegenüber der Ansitzjagd deutlich effektiver.
- Fast 60 Prozent der gefangenen Waschbären wurden in Wassernähe gefangen. Dort erscheint die Fangjagd besonders erfolgversprechend. Die Reduktion der Waschbären scheint zudem positive Auswirkungen auf lokale Amphibien zu haben.
- Die meisten Waschbären wurden im März, Juni und Juli erlegt. Während der kalten Monate war die Jagd weitgehend erfolglos. Um Jungwaschbären zu erlegen, wäre eine Jagdzeit vom 1. August bis 28. Februar (wie in Hessen) kontraproduktiv.
- Von den erlegten Bären waren 17 Prozent krank. Staupe und Räude scheinen aber keinen bestandslimitierenden Einfluss auf die lokale Waschbärenpopulation zu haben.