PIRSCH: Warum ist die Kormoranjagd so wichtig?
Sven Lübbers: Erstens ist sie ein wichtiger Beitrag zum Fischartenschutz. Besonders die Äsche, die in Niedersachsen als höchst prioritäre Art geführt wird, leidet enorm unter dem Fraßdruck durch die in den letzten Jahrzehnten stark angestiegene Kormoranpopulation in Europa. Zum anderen dient die Kormoranjagd der Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden. Die Deutschen verzehren im Jahr etwa 20.000 t Fisch – das ist mehr als Angler und Fischer zusammen im Jahr anlanden und verwerten. Dazu kommt dann der Fraßdruck von einigen Zehntausend überwinternden Kormoranen.
PIRSCH: Welche Jagdmethode ist wo sinnvoll?
Sven Lübbers: Alle Jagdmethoden (Abschuss mit der kleinen Kugel, hegeringübergreifende Kormoranjagden, Ansitz am Gewässer etc.) haben ihre Berechtigung. Für viele Jagdausübungsberechtigte ist die Kormoranjagd nicht nur reine Freude, sondern auch mit viel Arbeit verbunden. Damit der Aufwand nicht zu groß wird, sind effektive und zeitgemäße Jagdmethoden gefragt. Kormorane gehören zu den geselligsten Vögeln in Europa. Sie brüten und schlafen nicht nur in Kolonien, sondern jagen sehr oft zusammen und trocknen anschließend ihr Gefieder gerne in Gruppen. Was liegt da näher, als es mit der Lockjagd zu versuchen, die bei anderen Vogelarten mit ähnlichen Verhaltensweisen wie z. B. Krähen, Tauben oder Gänsen zu erstaunlich hohen Strecken führt. Nach meiner Erfahrung ist der zu betreibende Lockjagdaufwand aber deutlich geringer als bei anderen Vogelarten. Auch Einsteiger in diese Jagdart können mit ein paar Lockvögeln und ein wenig Know-how sehr erfolgreich jagen.
PIRSCH: Wann ist die beste Tageszeit für die Kormoranjagd?
Sven Lübbers: Kormorane haben als tagaktive Tiere einen sehr festen Tagesablauf, der in der Regel wie folgt aussieht:
- Sonnenaufgang: Flug zu den Fischgewässern (z. T. schon in der Dämmerung)
- Frühmorgens: 1. Fischfang
- Vormittag: 1. Trocknungs- und Verdauungsphase
- Mittags: 2. Fischfang (sofern notwendig)
- Nachmittags: 2. Trocknungs- und Verdauungsphase
- Später Nachmittag/Abend: Rückflug zu den Schlafbäumen
- Nachts: Aufenthalt an den Schlafbäumen
Zu jedem dieser Zeitpunkte ist die Kormoranjagd an der richtigen Stelle sehr erfolgversprechend.
Kormoranjagd in Niedersachsen
- Jagd- und Schusszeit: 1) 21. August bis 28. Februar 2) Immatur gefärbte (nicht am Brutgeschäft beteiligte, erkennbar an der hellen Brust): ganzjährig
- Tageszeit: Eine Stunde vor Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang
- Entfernung zu Gewässern: Bis max. 500 m
- Ausnahmen: Nationalpark, Naturschutzgebiet oder Natura 2000 Gebiet (FFH- und Vogelschutzgebiet); Gebietsteil „C“ Biosphärenreservat Nds. Elbtalaue
- Befriedete Bezirke nach Landesjagdgesetz (Ausnahme eingefriedete Campingplätze)
- Verwendung von Bleischrot: nein
- Berichtspflichten: Streckenmeldung bis zum 15. April an Jagdbehörde mit Angabe von Gesamtzahl der erlegten Tiere, Ort und Gewässer; bei beringten Kormoranen die Aufschrift des Rings
- Aneignung: ja
- Vermarktung: nein
PIRSCH: Worauf muss bei der Tarnung geachtet werden?
Sven Lübbers: Kormorane sind vielen Wildtieren im Bereich des Sehvermögens weit überlegen und können besonders gut Farben, hell-dunkle Konturen und Bewegungen wahrnehmen. Das A und O für einen guten Jagdtag ist deshalb eine perfekte Tarnung. Je nachdem, wo ich die Kormorane bejagen möchte, kommen verschiedene Tarnmöglichkeiten in Betracht. Wenn natürliche Deckungselemente wie z. B. Schilf oder Weidenbüsche in Schrotschussentfernung liegen, reicht ein einfacher Tarnanzug mit Gesichtsmaske in der richtigen Farbe oft aus. An deckungsärmeren Stellen kann zusätzlich noch ein Schirm, wie er bei der Krähenjagd zum Einsatz kommt, verwendet werden. Ideal sind leichte handelsübliche Fertigschirme, die in Sekundenschnelle aufgebaut werden können. Wenn die schwarzen Vögel auf den Jäger zustehen, aber außerhalb der Schrotschussentfernung abstreichen, lohnt sich immer auch ein Blick auf die eingesetzte Tarnung. Häufig führen kleine Mängel bei der Tarnung zu diesen Verhaltensweisen. Bei der Jagd auf die scharf äugenden Wasserraben gilt der Grundsatz: Man kann niemals zu gut getarnt sein.
PIRSCH: Worauf sollte der Jäger bei der Kormoranjagd besonders achten?
Sven Lübbers: Neben perfekter Tarnung ist eine intensive Vorbereitungs- und Erkundungstätigkeit Tage vor der Jagd ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg: Wo sind die Jagdgewässer und Flugrouten, wo Trocken- und Ruheplätze, wo Schlafbäume? Bei meinen Aufklärungstouren vor der Jagd suche ich nach Stellen, an denen möglichst viele Kormorane zu beobachten sind. Große Strecken lassen sich an den Schlafbäumen erzielen. Viele Schlafplätze befinden sich aber in Naturschutzgebieten, wo die Kormoranverordnungen der einzelnen Bundesländer in der Regel keinen Abschuss erlauben. Die schwarzen Vögel lassen sich aber auch gut erlegen, wenn sie ihr Gefieder wieder nach der morgendlichen oder nachmittäglichen Nahrungsaufnahme trocknen wollen. Ein enger Austausch mit den ortsansässigen Anglern erleichtert das Auffinden solcher Standorte und die Auswahl der erfolgversprechendsten Jagdtage. Außerdem sind die Angler oft bereit, die Jäger am Jagdtag logistisch z. B. mit dem Einsatz von Booten zu unterstützen.
PIRSCH: Wie lässt sich der Kormoran verwerten?
Sven Lübbers: Eine Vermarktung der erlegten Kormorane als Schleppwild oder Wildbret ist verboten. Aber die Verwertung in der eigenen Küche ist möglich. Ich persönlich nutze ausschließlich die Kormoranbrüste, drehe sie durch den Fleischwolf und mache daraus Burger Patties oder ich räuchere die Brüste im Ganzen.