Hundeausbildung: Warum die Futterschleppe die Basis bildet

Die wichtigste Aufgabe des Jagdhunds ist die Arbeit nach dem Schuss. Doch wie beginnt man die Ausbildung?
Beim Züchter lernen die Welpen zusammen mit den Geschwistern und der Mutterhündin sehr viel rascher und selbstverständlicher als einsam und eingeschüchtert nach der Abgabe im neuen Heim.
Beim Züchter lernen die Welpen zusammen mit den Geschwistern und der Mutterhündin sehr viel rascher und selbstverständlicher als einsam und eingeschüchtert nach der Abgabe im neuen Heim.

Eine der wichtigsten Anlagen des Jagdhunds ist der genetisch verankerte Spurwille. Je ausgeprägter und hartnäckiger er sich bei einem Hund zeigt, um so geeigneter ist er für die Arbeit nach dem Schuss. Das zu erkennen, zu wecken und zu fördern, durch ständige Übung auf der Schleppe und Fährte zu festigen, verlangt vom Hundeführer einiges an Erfahrung, Vergleichsmöglichkeiten und natürlich Praxis. Ein wichtiger Parameter zur Taxierung des Spurwillens ist dabei die Arbeit und Prüfung auf der Hasenspur.

Das Schwarzwildgeäfter wird mit einer Astschere abgekniffen. Es eignet sich hervorragend, um auf einer Wildschleppe oder Kunstfährte als Verweiserstück eingesetzt zu werden.
Das Schwarzwildgeäfter wird mit einer Astschere abgekniffen. Es eignet sich hervorragend, um auf einer Wildschleppe oder Kunstfährte als Verweiserstück eingesetzt zu werden.

Jagdhundeausbildung: Das ist wichtig

Eine weitere unabdingbare und unverhandelbare Anlage des Jagdhundes für den Einsatz nach dem Schuss auf verwundetes Wild ist die Wildschärfe. Wenngleich sie für den Einsatz am Raubwild, am Niederwild oder am wehrhaften Hochwild zum Teil ungleich ausgeprägt sein sollte, um erfolgreich abschließen und dabei Schaden vom Hund fernhalten zu können, ist ein gewisses Niveau Mindestvoraussetzung, um eine tierschutzgerechte Jagd zu gewährleisten. Fehlt die Wildschärfe, bleibt der Jagdhund nur bedingt brauchbar für die Arbeit nach dem Schuss.

Vom Welpen zum Werwolf

Abgesehen von der Hetzfreudigkeit und dem genetisch verankerten Laut spielt die Nasenleistung oder vielmehr der individuelle Gebrauch der Nase bei jedem Jagdhund eine entscheidende Rolle für den späteren (ursprünglich überlebensnotwendigen) Erfolg. Bereits für den Welpen hat die frische Wittrung von Schweiß und Wildbret einen besonderen Reiz, sobald er nicht mehr ausnahmslos gesäugt wird. Diese Erfahrung wird jeder Züchter gemacht haben, wenn er seinem Wurf zum ersten Mal frisches Fleisch anbietet. Wie wenn man einen Schalter umlegt, wird aus dem lammfrommen wackeligen Welpen alsbald der reinste Werwolf. Und diesen Reiz von der verlockenden Wittrung zur Beute kann der Hund nur verlieren, wenn er später bei den Übungen und Arbeiten auf der Schleppe und Fährte fantasielos abgestumpft wird. Dann nämlich verbindet er die Wittrung von Schweiß mit bekannter Gewohnheit. Ihn erwartet am Ende seiner Anstrengung kein besonderer Kick mehr, Desinteresse und Langeweile bis hin zur Arbeitsverweigerung machen sich breit und gefährden die Teamarbeit. Damit es erst gar nicht so weit kommt, müssen die Welpenprägung und alle weiteren Übungen zum Erwecken und Festigen seiner Anlagen behutsam, für den Welpen spielerisch und vor allem immer erfolgreich und ohne Stress enden.

Am Ende von Futterschleppen kann man den Welpen noch mit besonderen Futterbrocken wie diesem Würstchen schwer beeindrucken.
Am Ende von Futterschleppen kann man den Welpen noch mit besonderen Futterbrocken wie diesem Würstchen schwer beeindrucken.

Ein verantwortungsbewusster Züchter legt hinsichtlich optimaler Sozialisierung und Frühprägung auf Nasengebrauch, unterschiedliche Wildarten und manchmal auch schon Wasserfreude den Grundstein für seine Welpen. Im gewohnten Umfeld von Mutter und Geschwistern fällt es selbst einem verunsicherten Welpen viel leichter, sich etwas zuzutrauen und Unsicherheit zu überspielen. Nach der Übernahme des Welpen liegt es aber am neuen Besitzer, die weiteren Phasen der frühen Prägung zu durchlaufen und durch fleißiges Üben und Einfallsreichtum den kleinen Welpen zu einem selbstsicheren Jagdhelfer heranreifen zu lassen.

Für den Junghund sind Hasen- und Kaninchenschleppen etwas Besonderes.
Für den Junghund sind Hasen- und Kaninchenschleppen etwas Besonderes.

Futterschleppe und Wildschleppe

Futterschleppen sind dafür ein einfaches, aber sehr probates Instrument. Im Idealfall beginnt der Züchter damit bereits, wenn die Welpen mit etwa vier Wochen zugefüttert werden und den Fleischgeruch kennen. Futterschleppen werden am sinnvollsten gearbeitet, wenn die Welpen ausgeschlafen und ihr „Geschäft“ erledigt haben und ohnehin ihre Fütterung ansteht. Denn ein hungriger Hund arbeitet mit der Nase konzentrierter. Mit einem Stückchen Fleisch oder frischem Pansen ziehen wir dazu eine Duftspur. Der Welpe soll hier die Erfahrung machen, dass ihn das zielgerichtete Verfolgen dieser duftenden Spur zu einem begehrten Erlebnis führt – in diesem Fall zu einem leckeren, nicht alltäglichen Futter. Die ersten Futterschleppen sollen aber nur wenige Meter betragen, um die Verknüpfung der duftenden Linie mit dem Finden der begehrten Beute rasch zu erreichen und abzuspeichern. Zu lange Schleppen führen meist zu Überforderung oder baldigem Desinteresse. Für den Züchter kann es sehr interessant werden, wenn er den gesamten Wurf dazu (natürlich ohne Hündin) an den „Anschuss“ setzt. In der Regel erwartet ihn eine Bandbreite von Reaktionen. Mit zunehmenden Übungen gleicht sich der „Ausbildungsstand“ alsbald an. In der Gruppe lernen die Welpen schnell, verknüpfen Wittrung, Linie und Ergebnis meist rasch. Um die Welpen nicht zu überfordern, sollte man die Futterschleppe auf einmal pro Tag oder alle zwei Tage begrenzen. Sie soll auch in Bezug auf die Futterbelohnung etwas besonderes bleiben.

Mit dem Auto kann man zum Training erfahrener Hunde auch Langschleppen legen, die keine Wittrung des Schleppenlegers aufweisen.
Mit dem Auto kann man zum Training erfahrener Hunde auch Langschleppen legen, die keine Wittrung des Schleppenlegers aufweisen.

Keine „Mitläufer“ mehr

Im nächsten Schritt lohnt es sich mit etwa sechs bis acht Wochen die Futterschleppen mit den Welpen einzeln zu arbeiten. Jetzt gibt es keine Ablenkung mehr durch die Geschwister, aber auch kein „Mitlaufen“. Auch jetzt sollten die Schleppen noch sehr kurz sein. Zehn bis zwanzig Meter sind genug, um den Naseneinsatz weiter zu festigen. Ich arbeite die Futterschleppen immer mit dem unangeleinten Welpen. Halsung und schleifende Leine würden den Welpen zu sehr von der eigentlichen Sache ablenken. Gerät die Arbeit ins Stocken oder lässt sich der Welpe ablenken, hilft es, wenn man auf den Knien seine Arbeit begleitet und mit dem Finger die Witterung neu zeigt. Am Ende erwartet ihn dann überschwängliches Lob, Spielen und leckeres Futter.

Jagdterrier-Welpe-Futterschleppe

Wenn der Welpe zu seinem neuen Besitzer kommt, kann diese Arbeit den Bezug zum neuen „Rudel“ schnell festigen und anfängliche Unsicherheit durch die Trennung vom alten „Rudel“ nehmen. Futterschleppen arbeite ich aber stets nur so lange, bis ich den Eindruck habe, dass der Welpe seine Nase nun einzusetzen weiß. Wie es der Name schon sagt, steht am Ende immer das begehrte Futter. Schon früh achte ich darauf, dass sich der Welpe am Ende nicht selbst am Futter bedient. Wie in einem funktionierenden Rudel teilt der Chef die Brocken zu. Um zu verhindern, dass das Ganze für den auszubildenden Junghund zur gewohnten Selbstverständlichkeit wird, gehe ich baldmöglichst zur Wildschleppe über.

Wo es sich ergibt, zeigen wir dem Welpen Wild nicht einfach so, sondern verbinden es möglichst mit einer Wildschleppe.
Wo es sich ergibt, zeigen wir dem Welpen Wild nicht einfach so, sondern verbinden es möglichst mit einer Wildschleppe.

Faktoren bei der Futterschleppe

  • Intensität der Wittrung: Unser Ziel muss es sein, den Hund auf eine möglichst geringe Wundwittrung konzentrieren und einarbeiten zu können. Ist sie zu intensiv, wird der Hund sich nicht konzentrieren müssen. Viele Hunde neigen dann dazu, die Schleppen hastig und schnell zu arbeiten, was es dem Hundeführer unmöglich macht, Pirschzeichen als optische Bestätigung einer richtigen Arbeitsweise finden zu können. Schweiß in der Schleppe oder Übungsfährte benötigt der Hund nicht.
  • Verweisen: Das Verweisen von Pirschzeichen durch den Hund ermöglicht es dem Führer, dessen Arbeitsweise mehr zu vertrauen. Daher muss die Wittrung von Verweiserstücken deutlich über dem allgemeinen Duftpotential der „roten Linie“ herausstechen. Nur wenn eine Schleppe/ Fährte schweißfrei gelegt wird, wird der Hund Schweißtropfen auch als etwas Besonderes aktiv zeigen. An markierten Stellen verwende ich als Verweiserpunkte gern geronnenen Schweiß, bei höheren Stehzeiten haben sich wegen Schnecken- und Fliegenfraß die Geäfter vom Schwarzwild bewährt, die ich z.B. ins Erdreich stecke. So muss er sie ausgraben – ein Verhalten, das selbst unerfahrene Führer sofort erkennen, um lobend reagieren zu können.
  • Länge und Stehzeit: Länge und Stehzeit sind zwei maßgebliche Komponenten, die den Schwierigkeitsgrad der Schleppe bestimmen. Ich beginne stets mit kurzen Arbeiten und einer Stehzeit von zwei bis vier Stunden. Kürzere Stehzeiten verleiten den Hund zur unkonzentrierten, hektischen Arbeit. Nur bei Welpen im Alter von etwa acht Wochen sollten die Schleppen erst wenige Meter betragen und keine wirkliche Stehzeit haben. Doch bereits nach wenigen Übungen kann die Länge gesteigert werden. Schafft er 100 m, lässt sich die Länge von Mal zu Mal fast verdoppeln. Wenn dies klappt, erhöhe ich die Stehzeiten. Beginnend bei zwei bis sechs Stunden, dann über Nacht bis hin zu 48 h. Das Gros der Fährten sollte sich im Mittel bei über 20 h Stehzeit und 1.000 m Länge einpendeln.
  • Weitere Rahmenbedingungen: Temperatur, Windstärke und Feuchtigkeit haben viel Einfluss auf das Wahrnehmen von Duftpartikeln durch die Hundenase. Später in der Praxis können wir uns die äußeren Bedingungen nicht aussuchen, daher muss bei allen Witterungsbedingungen geübt werden. Gleiches gilt für das Gelände und die Vegetation.
  • Die Führerspur: Während bei den ersten Schleppen für den Welpen das bewusste Orientieren an der Spur des Schleppenlegers meist ignoriert werden kann und die Wildwittrung deutlich anregender ist, kann man bei erfahrenen Hunden davon ausgehen, dass sie häufig die leichter zu arbeitende menschliche Fährte wählen. Prinzipiell geht sie aber mit zunehmender Stehzeit in der Duftwolke der Wildschleppe sicher unter. Wer sichergehen will, dass der Hund nicht die Spur des Schleppenlegers arbeitet, kann die Wildteile an einer Reizangel parallel zu sich schleppen oder sie mit dem Auto legen.
  • Verleitfährten: Die Ausbildung unseres Hundes auf der Schleppe oder später künstliche Schweißfährte geschieht nicht zum Selbstzweck. Unser Ziel bleibt die Ausbildung eines riemenfesten Jagdhundes, der in der Lage ist, seine Ansatzfährte zu halten, bis sich der Erfolg einstellt. Der abgeführte Hund darf selbst bei deutlich frischeren Verleitungen seine Arbeit nicht verlassen. Daher müssen wir zu einem späteren Ausbildungsstand Verleitungen gezielt in die Arbeit einbauen, um entsprechend einwirken zu können.
  • Motivation: Ist für den Welpen anfangs noch Futter am Ende der Arbeit ein erstrebenswertes Ziel, muss sich der Ausbilder mit zunehmendem Alter und Ausbildungserfolg bald zusätzliche Anreize einfallen lassen. Für den erfahrenen Hund ist der Einsatz auf der Naturfährte nur deshalb so interessant und anspornend, weil er weiß, am Ende wartet auf ihn ein krankes Stück Wild. Ein künstlicher Ersatz dafür ist das ausgiebige Spiel mit der Reizangel. MM

Jagdhund richtig ausbilden: Damit klappt die Schleppe

Niederwild und Raubwild eignen sich im Prinzip für alle Jagdgebrauchshunde vom Teckel bis zum Vorstehhund. Sie sind zum einen leicht verfügbar, im Ganzen einzufrieren und bei Bedarf zweckgebunden einzusetzen, anfangs als Schleppe, später nach erfolgreicher Apportausbildung sogar zum Bringen. Etwas anders sieht es bei den Spezialisten auf der Schweißfährte aus. Für sie sollten nur Teile von den später nachzusuchenden Hochwildarten Verwendung finden. Grundsätzlich gilt bei den Wildschleppen, dass der Junghund nach dem erfolgreichen Auffinden des Stückes nicht direkt mit dem Schleppmaterial genossen gemacht wird. Zu leicht kann der Hund verkehrt verknüpfen und sich später, wenn er wider Erwarten allein zum Stück kommt, zum Anschneider entwickeln. Bei kleinerem Schleppwild wird der Junghund bald versuchen, es im Ganzen aufzunehmen. Lassen wir es zu, loben den Hund und lassen ihn sich setzen. Geduldig darf er das Wild im Fang halten, bis wir es abnehmen und gegen ein paar Futterbrocken eintauschen. So legen wir bereits bei einem bringfreudigen Junghund die Basis für eine spätere verlässliche Bringtreue.

Neben dem Futter kann das Spiel mit der Reizangel am Ende der Schleppe als Belohnung dienen.
Neben dem Futter kann das Spiel mit der Reizangel am Ende der Schleppe als Belohnung dienen.

Fährtenarbeit: Diese Hilfsmittel gibt es

Für die weitere Ausbildung zur Fährtenarbeit eignen sich Wildschleppen mit faustgroßen Brocken von Lunge, Pansen, jeglichen Gewebeteilen, Decken- und Schwartenfetzen, Häupter und Läufe. Insbesondere in Skandinavien verzichten viele Hundeführer auf das bei uns übliche Tupfen oder Spritzen von Schweißfährten oder die Nutzung von Fährtenschuhen. Sie schwören auf das Training der auszubildenden Junghunde, aber auch der älteren erfahrenen Hunde während der jagdfreien Zeit mit langen Schleppen von Wildläufen und fahren gut damit.

Training: Darum ist es wichtig

Grundsätzlich verschafft das regelmäßige Arbeiten von Wildschleppen den Hunden sinnvolles Training unterm Jahr, fördert die Konzentration, die Nasenarbeit und auch die Kondition. Schleppen sind nicht nur eine begrenzte Möglichkeit während der Ausbildung des Junghundes. Auch der ältere Hund mit viel jagdlicher Erfahrung arbeitet in Intervallen gern Wildschleppen, vorausgesetzt, wir gestalten das Ende für ihn entsprechend interessant. Beim Anlegen der Schleppen sind wir an kein festes Schema gebunden. Verändern wir die einzelnen Parameter wie Intensität der Witterung, Stehzeit, Länge der Schleppe, Bodenbewuchs und Witterung, kann die Schleppe selbst für einen erfahrenen Hund zur Herausforderung werden.

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