Die Nachricht, dass in Schweden 75 Wölfe zum Abschuss freigegeben wurden, sorgte Anfang des Jahres bei uns für Schlagzeilen. Aus deutscher Sicht, in der einzelne Abschussgenehmigungen für Problemwölfe nicht nur kontrovers diskutiert, sondern auch jedes Mal von Gerichtsentscheidungen begleitet werden, fast undenkbar. In Schweden ist der Umgang mit Wölfen jedoch ein anderer. Zwei „Arten“ der Wolfsbejagung werden in Schweden praktiziert: Die Schutzjagd auf Einzelwölfe, zur Abwehr von Nutztierrissen als letztes Mittel, und die Lizenzjagd, bei der eine bestimmte Anzahl an Wölfen zum Abschuss freigegeben wird. Letztere fand also nun bis Mitte Februar in dem skandinavischen Land statt.
Liveticker berichtet über den Start der Wolfsjagd
Doch ganz ohne Gegenwehr ging es auch in Schweden nicht zur Sache. Bereits im Vorfeld war gegen die Abschüsse mehrfach Klage eingereicht worden. Zum größten Teil von deutschen Wolfsfreunden, weiß der deutsche Jäger Hannes, der seit vielen Jahren eine Jagderlaubnis in Schweden hat und sich bei der Redaktion gemeldet hatte. Doch Erfolg hatten die Wolfschützer nur in einer ersten Instanz. Ende Dezember nahm die zweite Instanz das kurzzeitig drohende Jagdverbot zurück und erlaubte, die Jagd wie geplant durchzuführen. Pünktlich am 2. Januar begann die Wolfsjagd. Mit einem Liveticker berichtete die größte schwedische Jagdzeitung „Svensk Jakt“ über die Ereignisse. Über hundert Jäger waren direkt zu Beginn im Einsatz. „Dafür wird sich extra Urlaub genommen“, berichtet der Waidmann. Die Bedingungen waren mit Neuschnee für den Jagdbeginn vielerorts gut. „Um fünf Uhr morgens wird mit dem Abfährten begonnen. Sonnenaufgang ist um zehn Uhr“, so Hannes. Mit Schneemobilen und Autos werde die Gegend abgesucht, Straßen dafür von der Polizei extra gesperrt. Doch nicht nur motorisiert sei man unterwegs, sondern auch viel zu Fuß. „Das ganze Unterfangen ist furchtbar anstrengend und kräftezehrend, ohne ein gutes Team funktioniert nichts“, so der Deutsche. Auch mit den Nachbarrevieren stehe man ständig im Kontakt – stets wird sich über Funk oder Telefon ausgetauscht, wo sich gerade Wölfe befinden oder ob schon welche geschossen wurden. Die Fährten werden zudem alle mit GPS aufgezeichnet.
Fluchtverhalten bei Wölfen ist anders
Sind Fährten gefunden, wird das Gebiet abgelappt – teilweise über acht Kilometer. Ob Hunde geschnallt werden, hängt davon ab, wie viele Wölfe im Treiben sind. „Am ersten Tag hatten wir fünf Wölfe im Treiben, da ist es zu gefährlich die Hunde zu schnallen“, so der Waidmann. Bei mehr als zwei Wölfen im Treiben wird das Schnallen unterlassen und das Rudel nur mit Treibern angegangen, die Hunde an der Leine geführt. Dabei könne es durchaus vorkommen, dass man die Wölfe im Kreis treibt. Das Fluchtverhalten eines Wolfs sei, anders als bei Sauen oder Rehwild, insgesamt nicht so berechenbar. Auf Menschen würden die Wölfe jedoch entspannt reagieren. Wurde nur ein einzelner Wolf gefährtet, setzt man zwei bis drei Hunde ein. Dabei handelt es sich meist um American Ploothounds, die auch zur Bärenjagd eingesetzt werden, Foxhounds und Coonhounds. Die Hunde müssen dabei so schnell und aggressiv sein, dass sie einen Wolf aus der Reserve locken. Alle Hunde tragen einen Tracker, damit jeder Jäger nachverfolgen kann, wo die Hunde, und damit auch der Wolf, aktuell ist. Die Lappen werden alle 70 bis 80 Meter abgestellt – und da in diesen riesigen Gebieten Kommunikation alles ist, muss jeder Jäger ein Funkgerät bei sich haben. Hat das Treiben begonnen und die Lappen sind abgestellt, herrscht absolute Ruhe, so Hannes. Getragen wird von den Jägern Schneetarn und nur die absolut nötigste Warnkleidung. „Der Wolf äugt gut und bemerkt die Jäger sonst sofort. Wir hatten das auch, dass wir über den Tracker verfolgen konnten, wie der Hund den Wolf auf die Schützen zugetrieben hat und der Wolf irgendwas bemerkt haben muss und, von uns unbeschossen, wieder abgedreht ist.“ Nach einer Stunde beginnt man dann, den Ring zu verkleinern. Beim Abschuss wird bei den Wölfen nicht differenziert, jeder Wolf ist freigegeben, bis die Abschussquote erfüllt ist.
Waren die Jäger erfolgreich, kommt ein Beauftragter hinzu, der den Balg mit einem Mikrochip versieht. Nur mit Chip und der dazugehörigen Bestätigung darf der erfolgreiche Schütze den Balg behalten. Kern und Schädel werden zunächst zur Untersuchung eingeschickt, den Schädel kann sich der Schütze jedoch gegen eine Gebühr zukommen lassen. Bei der Schutzjagd darf der Jäger im Gegensatz zur Lizenzjagd den Balg nicht behalten – man wolle dadurch unterbinden, dass Wölfe unter dem Deckmantel der Schutzjagd als Jagdtrophäe erlegt werden.
Wölfe lernen sehr schnell dazu
Sobald in den Wolfsgebieten keine Wölfe mehr gefährtet werden, wird die Jagd abgebrochen – auch wenn die Quote nicht erfüllt ist. So wurden zwar dieses Jahr 75 Wölfe in Schweden freigegeben, jedoch nur 57 Wölfe (Stand 14.2.) tatsächlich geschossen. Der Großteil der Wölfe fiel dabei in den ersten Tagen. „Die Wölfe lernen schnell dazu und verlassen bei Druck auch rasch die Gebiete, daher ist es wichtig, direkt am Anfang der Jagdzeit Strecke zu machen“, erläutert Hannes das Vorgehen. Ist das Rudel aus dem Gebiet verschwunden, in dem die Abschussgenehmigung gilt, dürfe die Wölfe nicht mehr bejagt werden. Zumindest nicht in diesem Jahr.