Weizenschweine: So klappt die Schwarzwildjagd bei der Milchreife

Im Juni stehen viele Getreidefelder in der Milchreife. Von jetzt auf gleich sind deshalb die Kirrungen von den Sauen verwaist…
|
10. Juni 2023
Jetzt einen Kommentar verfassen
Bei der Schwarzwildjagd im Feld sollte man dringend bedenken, dass Frischling in der Feldfrucht nicht immer sofort zu erkennen sind.
Bei der Schwarzwildjagd im Feld sollte man dringend bedenken, dass Frischling in der Feldfrucht nicht immer sofort zu erkennen sind.

Schäden durch das Schwarzwild treten in der Feldflur – im Gegensatz zu Waldrevieren – jedes Jahr regelmäßig wieder auf. Meist im Schutz der Dunkelheit unternehmen Sauen ihre nächtlichen Streifzüge in die waldnahen Felder. Wenn dann nach der Rapsblüte im Mai ausreichend Deckung auf großer Fläche steht, beziehen sie auch dort gerne ihren Einstand. Wer sein Revier und die wiederkehrenden Vorlieben der Schwarzkittel für bestimmte Revierteile kennt, wird sich bereits im Frühjahr an die Vorbereitungen zur Wildschadensverhütung machen. Und obwohl die Schutzmaßnahmen rechtzeitig ergriffen wurden, helfen sie meist doch nur zeitlich begrenzt bzw. verschieben die Wildschäden auf andere Flurstücke. Der sicherste Garant für die Vermeidung oder zumindest Verringerung der Schäden ist und bleibt ein richtiger Sozialaufbau des auf die örtlichen Verhältnisse angepassten Schwarzwildbestandes. Die alleinige Verantwortung dafür trägt ohne Diskussion der Jäger selbst. Denn er entnimmt über die Jagd entsprechende Stücke.

Augenmerk auf nachhaltige Vergrämung

Leider haben in der Vergangenheit in der Masse der Reviere durchweg falsche Abschüsse zu einer derart desolaten Situation geführt, wie wir sie seit Jahren häufig draußen antreffen. Denn die Jagd an Schadflächen muss sich in erster Linie mit vergrämender Wirkung auf den Abschuss von Frischlingen und nicht führende Überläufer aus der Rotte heraus konzentrieren. Dabei liegt das Augenmerk auf der nachhaltigen Vergrämung der lernfähigen Stücke in der Rotte und nicht vorrangig auf dem Wildbreterlös.

<b>2 Geht das Abreifen der Körner aufgrund von sommerlicher Hitze und Trockenheit schneller als erwartet, verlieren die Sauen bald das Interesse.</b>Die Feldfrüchte reifen aufgrund der verschiedenen Bodenverhältnisse in einem Feld unterschiedlich. Für die Sauen ist nur das milch- und teigreife Stadium interessant.
2 Geht das Abreifen der Körner aufgrund von sommerlicher Hitze und Trockenheit schneller als erwartet, verlieren die Sauen bald das Interesse.Die Feldfrüchte reifen aufgrund der verschiedenen Bodenverhältnisse in einem Feld unterschiedlich. Für die Sauen ist nur das milch- und teigreife Stadium interessant.

Wildschaden im Getreide schätzen

Nach § 29 BJG hat in einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk die Jagdgenossenschaft dem geschädigten Grundbesitzer den von Schalenwild, Fasan oder Wildkaninchen angerichteten Wildschaden zu ersetzen. Der vorerst aus der Genossenschaftskasse ersetzte Schaden wird später auf die einzelnen Jagdgenossen je nach Fläche umgelegt.

Die deutschen Bundesländer können die Ersatzpflicht nach BJG hinsichtlich ersatzpflichtiger Wildarten und Kulturen erweitern. Die Ersatzpflicht wird vielfach im Pachtvertrag von der Jagdgenossenschaft auf den Jagdpächter übertragen.

Wildschäden an ersatzpflichtigen landwirtschaftlichen Kulturen muss der Geschädigte innerhalb einer Woche nach Kenntniserlangung bei der zuständigen Gemeinde anmelden. Mit Fristablauf erlischt anderenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz. Im Regelfall setzt nun ein Vorverfahren ein, bei dem der Verursacher des vermeintlichen Wildschadens anhand von Fährten, Spuren, Fraßbildern, Losung ermittelt wird.

Steht eine ersatzpflichtige Wildart als Verursacher fest, wird das Schadensausmaß ermittelt. Die Wertermittlung kann anhand von Schätzlisten des Bauernverbands erfolgen. Oder es werden ortsübliche Erträge und aktuelle Marktwerte erfragt und zugrunde gelegt. Flächige Totalschäden lassen sich deutlich einfacher berechnen als sporadische Fraß- und Trittschäden schätzen, die sich quer über das Grundstück verteilen. Im Normalfall sind der geschädigte Landwirt und der ersatzpflichtige Jäger gleichzeitig vor Ort. Es ist wahrlich kein Hexenwerk, Schadensflächen zu berechnen und in der Folge den Ernteverlust, wenn man offen dabei vorgeht.

Kommen dennoch beide Parteien beim ersten Schätztermin zu keiner gütlichen Einigung, zieht die Gemeinde einen amtlichen Wildschadenschätzer hinzu. Er fertigt über die Schadensfeststellung ein schriftliches Gutachten an als Grundlage für den von der Gemeinde zu erlassenden Vorbescheid. In diesem Fall erhöht sich die Schadenssumme um die Kosten (Schätzgebühr und Anfahrt) des Gutachters.

Der Ersatzpflichtige kommt nun der Zahlungsaufforderung durch die Gemeinde nach oder hat die Möglichkeit, gegen den Bescheid innerhalb von 14 Tagen Einspruch einzulegen. Folglich kommt es zu einer Klage beim zuständigen Amtsgericht samt Urteilsverkündung.

Alles andere als ein Kavaliersdelikt

Der absichtliche wie fahrlässige Abschuss führender Bachen wirkt sich – abgesehen vom Muttertierschutz – geradezu kontraproduktiv in der Wildschadenssituation aus. Die verwaisten, orientierungslosen Frischlinge richten so lange an den ihnen vertrauten Orten uferlose Wildschäden an, bis der letzte erlegt ist. Ältere Bachen hingegen lernen sehr schnell, wo und wann ihnen Gefahr droht. In der Folge meiden sie nach dem Verlust eines Frischlings aus ihrer Rotte für lange Zeit den betreffenden Acker. Einzelsauen sind in der Wildschadensfrage meist irrelevant. In Zeiten hoher Wildschäden, örtlich ausufernder Bestände und der Gefahr, eines ASP-Ausbruchs spricht jedoch nichts gegen die Erlegung der meist zu jungen Keiler, wenn auch der flächig vorhandene desolate Sozialaufbau im Bestand etwas Anderes fordert.

Wildschaden in Weizen- und Haferschlägen

Von Wildschäden im Juni bedroht sind in erster Linie Weizen- und Haferschläge. In der Milchreife sind sie eine überaus beliebte Delikatesse. Mit zunehmender Anbaufläche und wenn die Sauen auf den Geschmack gekommen sind, interessieren sie sich meist auch für Triticale, obwohl die Ähren Grannen tragen. Gerste ist in aller Regel von Wildschäden durch Fraß ausgenommen. Roggen wird normalerweise ebenfalls verschmäht, jedoch beziehen die Sauen ausgedehnte Schläge gerne als sonnendurchfluteten zeitweiligen Einstand. Wir konzentrieren uns also auf Weizen- und Haferschläge. Felder in der Nähe zum Wald oder angrenzend an Rapsschläge sind besonders gefährdet. Naht die wildschadensträchtige Zeit, muss der Jäger daher fast täglich die betreffenden Getreideschläge, aber auch mutmaßliche Rapseinstände kontrollieren. Ideal ist die Zeit nach einem ausgiebigen Regenschauer, wo man im weichen Boden nur noch frische Trittsiegel finden kann. Zielführend ist ebenfalls das Abfährten zeitig morgens. Neben den Wechseln erkennt der Kundige sofort die verschmierte Erdkruste auf den taunassen Gräsern. So stellt er sehr schnell fest, ob Sauen im Revier sind, wo sie ihren Einstand haben und wo sie zu Fraße ziehen.

<b>1 Die Wildwiederkäuer zupfen ganze oder halbe Getreideähren vom Halm und äsen sie ganz. Sauen hingegen zermalmen sie meist und spucken die Spelzenreste wieder aus.</b>
1 Die Wildwiederkäuer zupfen ganze oder halbe Getreideähren vom Halm und äsen sie ganz. Sauen hingegen zermalmen sie meist und spucken die Spelzenreste wieder aus.

Wenn es keine Wege zum Abfährten gibt

Bei ausgedehnten Feldschlägen kann es vorkommen, dass die Sauen den Einstand einige Zeit überhaupt nicht über Wege verlassen, z.B. bei einer Fruchtkombination von Rapsschlägen, die an langer Front an Weizen, Hafer oder auch Felderbsen grenzen. Von Wegen aus sind selbst da lange Zeit keine Schadensfläche einsehbar. Wer um solche Plätze weiß, kann sie vielleicht im hügeligen Revier mit dem Fernglas vom Gegenhang aus einsehen. Mitunter stehen in erreichbarer Nachbarschaft Drohnen zur Kitzrettung, die unübersichtliche Schläge in wenigen Minuten überfliegen und Gewissheit verschaffen können, ob und wo es zu brennen beginnt. Gerade die frühzeitige Erkennung beginnender Schadensflächen und ein möglichst früher Jagderfolg entscheiden häufig über das zu erwartende Ausmaß von Schäden.

<b>2 Besonders gefährdet sind Weizenäcker, die am Waldrand angrenzen oder sich in der Nachbarschaft großer Rapsschläge befinden.</b>
2 Besonders gefährdet sind Weizenäcker, die am Waldrand angrenzen oder sich in der Nachbarschaft großer Rapsschläge befinden.

Sauen im Juni sogar tagaktiv

Bei besonders großen Feldern sind menschliche Störungen eher selten. Oft fühlen sich Sauen dort so sicher, dass sie im Juni sogar wieder tagaktiv werden. Stellt der Jäger die ersten Fraßplatten fest, ohne genau zu wissen, woher die Sauen anwechseln, gestaltet sich die Jagd noch schwierig. Daher macht es Sinn, leicht tragbare, freistehende Ansitzleitern so im Feld unter Wind zu postieren, dass ein Großteil der Schadlöcher einsehbar wird. Bei der Standortwahl zählen unbedingt ebenso die Windrichtung und der Anmarschweg. Zum störungsfreien Angehen der Leiter dient eine Spritzgasse, und zwar jene, die entgegen des vermuteten Einstands liegt, damit die Sauen sie nicht beim Anwechseln kreuzen und dann vorzeitig verprellt werden. Hat eine Rotte nämlich mit den Fraßschäden begonnen, kehrt sie oft vertraut hierhin zurück. Dann ist die Gelegenheit vielversprechend, direkt im Getreide einen Frischling oder Überläufer zu strecken. Sauen wechseln auch Schadenslöcher möglichst gegen den Wind an. Es hat wenig Sinn, direkt neben der Fläche auf sie zu warten. Küselnder Wind könnte das Wild vergrämen und für die Zukunft sensibilisieren.

Wir stellen eine Leiter so an die Schadstelle, dass sie unter Berücksichtigung der Hauptwindrichtung diese möglichst umfassend – zum einwandfreien Ansprechen – einsehbar macht. Eine weitere Leiter stellen wir ein ganzes Stück abseits der Schadfläche so auf, dass sie garantiert außer Wind steht. Dort beginnen wir unseren Ansitz. Sobald es an der Schadensfläche quiekt und schmatzt, baumen wir leise ab und pirschen nur mit Waffe, Glas (und ggf. Wärmebildgerät) in der Fahrgasse zur näheren Leiter. Bereits beim Aufbaumen verschaffen wir uns einen Überblick, erlegen ein passendes Stück.

Auf den Sommermond ist kein verlass

Spielt das Licht mit, was morgens deutlich wahrscheinlicher ist als am späten Abend, mag das sichere Ansprechen bei den Überläufern ein Selbstgänger sein. Das Licht des tiefstehenden Sommermondes ist selbst zur besten Zeit nur bedingt brauchbar. Nachtsichttechnik kann aushelfen. Im Zweifel besser einen gestreiften Frischling strecken.

Sommerkeiler meiden die quirligen und lauten Frischlingsrotten. Sie wollen ihre Ruhe und finden sich mitunter völlig unerwartet an den unmöglichsten Stellen im Revier.
Sommerkeiler meiden die quirligen und lauten Frischlingsrotten. Sie wollen ihre Ruhe und finden sich mitunter völlig unerwartet an den unmöglichsten Stellen im Revier.

Nutzen wir in dieser wildschadensträchtigen Zeit jede sich bietende Gelegenheit zum Anpirschen, selbst wenn die Chance gering erscheint. Mehrfach habe ich erlebt, wenn ich nach langer Pirsch auf eine im Gebräch stehende Sau zu Schuss gekommen bin, dass der Widerhall des Schusses vom weit entfernt gegenüberliegenden Waldrand den Stücken eine falsche Schützenposition vorgaukelte. So zog die restliche Rotte auf mich zu. Nun warten, bis sich der Pulk langsam wieder entzerrt und ein zwischenzeitlich angesprochenes Stück als Zugabe erlegt werden kann.

Seit geraumer Zeit jage ich mit Schalldämpfer. Insbesondere im freien Feld tun sich die Sauen schwer, den Schuss zu lokalisieren. Hat der Jäger sich im ständigen Umgang mit einem Pirschstock angefreundet, bereiten ihm auch etwas größere Entfernungen oder Schüsse auf kleine Ziele wie gestreifte Frischlinge oder Füchse dann keinerlei Schwierigkeiten mehr.

Deckung ist nun kein Freund des Pirschjägers. Stehen angepirschte Sauen im Getreide ganz oder teilweise verdeckt, passieren regelmäßig Krellschüsse oder solche auf „gepokert“ Angesprochene mit voller Milchleiste! Lieber abwarten: Irgendwann zieht ein passendes Stück in die Lücke. Per Wärmebildkamera lassen sich zumindest kleine Frischlinge, die sich verdeckt um die Bache bewegen, erkennen.

Typische Wildschweinschäden sind mehr oder weniger große Platten, die von den Bachen regelrecht niedergewalzt werden, damit die kleinen Frischlinge an die Ähren kommen. Zwischen ihnen entstehen zusätzlich breite Gänge.
Typische Wildschweinschäden sind mehr oder weniger große Platten, die von den Bachen regelrecht niedergewalzt werden, damit die kleinen Frischlinge an die Ähren kommen. Zwischen ihnen entstehen zusätzlich breite Gänge.

Befinden sich Sauen im dichten Getreide hinter einer größeren Schadensfläche zwischen uns, ist es einen Versuch wert, einen größeren Stein oder Erdklumpen hinter diese zu werfen. Aufgeschreckt durch den dezenten Aufprall, werden sie nicht panisch flüchten, sondern zuerst angestrengt sichern. Wer sich im Nachahmen der Grunzlaute sicher ist, kann nun mit dem tiefen, langgezogenen vertrauten Grunzen der Bache, die nach ihren Frischlingen ruft, nicht nur eine erste Vertrautheit wiederherstellen, sondern häufig genug die Sauen weg von der undefinierten Störung hin zu den vertrauten Lauten bewegen. Längst habe ich mich mit der Waffe eingerichtet und erwarte ein einwechselndes passendes Stück. Lieber setze ich in so einer Situation auf den Frischling, als auf einen Überläufer zu hoffen, der dann meist doch nicht dabei ist.

Tipps für die Pirsch auf Sommersauen

  • Die Frühpirsch lohnt wirklich, am Abend ziehen die Sauen zu spät. Bei Trockenheit suchen sie erst die Suhlen, dann das Feld auf.
  • Frühes und regelmäßiges Abfährten mindert Wildschäden kolossal.
  • Das „Zwei-Leiter-System“ an den Schadensflächen verspricht mehr Erfolg.
  • Chancenreich ist das Abpassen der Sauen beim morgendlichen Einwechsel in den Einstand.
  • In warmen und trockenen Perioden bringen Ansitze an Suhlen auch tagsüber Waidmannsheil.
  • Das sprichwörtliche „Sauwetter“ verhilft auch im Sommer zu häufigerem Waidmannsheil.
  • Große Rapsfelder in Feldrevieren sind immer sauenverdächtig – unbedingt beobachten!
  • Frische Stoppelfelder unbedingt zur Jagd auf Sau und Fuchs nutzen.
  • Muttertierschutz und Waidgerechtigkeit! Wer beim Ansprechen lange grübeln muss, macht im Zweifelsfall immer einen Fehler.
  • Frischlinge gehen immer: Zu klein gibt es zu Wildschadenszeiten nicht! Ihr Abschuss vergrämt die Rotte sicher für eine längere Zeit.
  • Vorsicht bei Einzelstücken!
  • Im Juni besonders häufig sind Junggesellenrotten gleich großer und gleich alter Überläufer. Trotzdem muss angesprochen werden!

Feines jagen und nicht nur Schadensabwehr

Wo es sich anbietet, kann der Jäger versuchen, Sauen nach dem frühen morgendlichen Auswechsel aus den Schadflächen abzupassen. Die Möglichkeiten dazu sind am Morgen um ein Vielfaches besser als am späten Abend. Die kurzen Juninächte lassen den Sauen wenig Zeit, richtig satt zu werden. Passen wir also an Suhlen, die im Bereich fester Wechsel zum Einstand liegen, bei gutem Licht auf die Heimkehrer. Mit der beginnenden Gerstenmahd wird die Feldflur nun Woche um Woche überschaubarer. Unbedingt genutzt werden sollten die hellen Stoppeln der frisch abgeernteten Getreidefelder. Zum einen fällt den Sauen nicht immer der nun fehlende Bewuchs sofort auf, zum anderen brechen sie nun gern nach den mit Getreide gefüllten Mäusenestern.

Die Pirsch auf Sommersauen ist nicht nur Schadensabwehr, bietet vielmehr spannendes Waidwerk, schult die Sinne und gewährt tiefe Einblicke ins Leben der Sauen. Selbst ohne Beute ergeben sich „hautnahe“ Eindrücke, die Blut und Atem stocken lassen!

Weitere Funktionen
Kommentieren Sie