Das Angehen zum Rufstand ist ein sehr wichtiger Bestandteil des Blatterfolgs. Darum nähert sich der Jäger langsam und umsichtig über den frühzeitig vorbereiteten Pirschweg. Im Gegensatz zur klassischen Ansitzjagd gehen wir einen Blattstand niemals bei Dunkelheit an! Es muss bereits annähernd Büchsenlicht herrschen, wenn ich mich an den Rufstand mit einem Schießstock Schritt für Schritt, immer die Umgebung beobachtend, heranpirsche.
Hin und wieder kommt es vor, dass trotz aller Vorsicht der ruhende Bock die Geräusche des Jäger bemerkt und zu schrecken beginnt. Ist es ein langgezogener Laut, schreckt der Bock einen Rivalen an. Mit ein wenig Übung lässt sich dieses Schrecken erlernen. In der gleichen Lautstärke antwortet nun der Jäger dem Bock. Es kann zu einem mehrmaligen „Wortwechsel“ kommen. Es hat sich bewährt, mit einem Fuß Plätzgeräusche oder mit einem Reisigzweig Fegen nachzuahmen. Nicht selten zieht der Bock auf Schussdistanz heran, kann angesprochen und womöglich erlegt werden.

Wird man durch zu schnelles und unvorsichtigen Angehen des Blattstands vom Bock mit kurz nacheinander folgenden Schrecklauten „angesprochen“, ist es notwendig, laut mit sich selbst zu reden und wieder zurückzugehen. Also beim nächsten Mal vorsichtiger sein und den Blattstand vorerst ein bis zwei Tage meiden. Achtung: Bitte niemals einem abspringenden oder schreckenden Bock nachblatten!

Rufserie 1: „Fiepen“: „Fi, Fi …“ (ein einsilbiger, einfacher, verhaltener Fieplaut)
Nach der bereits erwähnten Wartezeit beginne ich mit verhaltenen Fieplauten. Der Fieplaut darf nicht zu hoch angesetzt sein, damit nicht der Ton eines Kitzes nachgemacht und dabei die Ricke angesprochen wird. Fieplaute sind Anwesenheitslaute von Kitz und Ricke, die das ganze Jahr über zu hören sind. Vier bis acht Fieplaute werden in verschiedene Richtungen vorgetragen. Nach zwei bis drei Minuten wiederhole ich das Ganze, einmal etwas lauter, einmal etwas leiser. Diese Lautserie wiederhole ich in den angesprochenen Zeitabständen etwa vier Mal. Dann folgt eine Pause von rund zehn Minuten.
Was kann ich mit diesen Fieplauten dem Bock sagen? Hier ist eine Ricke oder ein Schmalreh (höhere Tonlage) anwesend. Ist der vermutete Bock in der Nähe, besteht die Möglichkeit, dass er zusteht, hauptsächlich am Anfang der Brunft.
Vorsicht: Meist sind es in der Hoch- oder Nachbrunft nur jüngere Böcke, die auf den Fieplaut zustehen. Sie glauben, hier eine ungehinderte „Möglichkeit“ bei einer Ricke zu finden. Wie schon angesprochen, sind mit einigen im Handel erhältlichen Blattinstrumenten nur Fieplaute zu erzeugen.
Um das ganze Repertoire der Lockinstrumente und die Möglichkeiten für den Jäger zu erklären, muss angenommen werden, dass sich noch kein Bock eingefunden hat. So beginne ich wieder mit dem Fieplaut und setze einige „Pfijaa“ dazwischen, auch wieder vier bis acht Laute. Dazu benötige ich schon einen Mundblatter. Bitte die Laute wieder in verschiedene Richtungen abgeben. Das wird in Abständen von zwei bis drei Minuten dreimal wiederholt. Danach wieder die gewohnte Wartezeit von rund zehn Minuten.
Rufserie 2: „Pfija-Laut“: „Pfijaa, Pfiejaa …“ (ein lang gezogener, lauterer, sehnsuchtsvoll klingender Laut)
Mit diesen Lautäußerungen möchte ich dem Bock sagen: Hier ist eine Ricke anwesend, die nach einem Bock Ausschau hält. Die „Pfijaa“- oder „Pfijä“-Laute einer Ricke sind Locklaute, die nur dem Bock gelten und daher ausschließlich in der Brunft zu hören sind. Natürlich wird sich die Chance, jetzt einen Bock zu sehen, erheblich erhöhen. Kommt ein Bock in Anblick, sofort das Blatten einstellen! Denn er weiß sehr wohl, woher die verlockenden Töne kommen. Zieht er näher, habe ich Zeit, ihn anzusprechen. Wendet er sich ab, kommt wieder der Blatter zum Einsatz.
Immer mal wieder lässt sich ein Bock nur kurz sehen und verschwindet gleich wieder im Einstand, ohne dass er Wind bekommen oder den Jäger bemerkt hat. Dabei handelt es sich fast immer um Böcke, die nur für Augenblicke die Ricke verlassen, bei der sie sich befinden. Der Sprengruf könnte solche Böcke wieder zum Springen bringen.
Rufserie 3:„Gewolltes Treiben“: (kurzes und verhaltenes) „Fi, Fi, Fi, (unterbrochen von kurzem, mal lauterem, mal leiserem)Pfiju! (und auch )Pfijä, Pfija, Fi …“
Dem erfahrenen Jäger wird längst nicht entgangen sein: Rehe haben sich in der Brunft mehr zu sagen, als nur durch Fiepen ausgedrückt wird. In dieser dritten Rufserie muss dem zu blattenden Bock von uns glaubhaft gemacht werden, dass sich bei der Ricke nun ein Nebenbuhler eingefunden hat, der sich zielstrebig um diese kümmert. Ist die Ricke dem Bock gesonnen, beginnt ein langsames Treiben. Dabei stößt die Ricke sehr kurze Fieptöne aus, mit kurzen leise eingesetzten „Pfijä“-Lauten verbunden, die manchmal etwas lauter, dann wieder leiser zu hören sind.

Dieses sind unsere Blatttöne, die wir in der dritten Rufserie verwenden, um den Territorialbock zum Springen zu veranlassen. Bedenke: Zwischen der zweiten und der dritten Rufserie ist ein erheblicher Unterschied vorhanden. Dieses Fiepen mit den kurzen „Pfijä“- beziehungsweise „Pfiju“-Lauten kann bis zu zehn Mal mit kurzen Unterbrechungen wiederholt werden. Danach ist unbedingte Aufmerksamkeit notwendig.
Sehr oft zum Misserfolg führt, dass der Jäger sich nur auf eine für ihn günstige Stelle konzentriert und der Bock sich unbemerkt anderswo bis auf wenige Meter „heranschleicht“. Wird der Bock in so einem Fall doch noch rechtzeitig in nächster Nähe vom Jäger gesehen, bitte nicht bewegen. Wir müssen warten, bis der herbeigelockte Bock wieder wegzieht. Jetzt einige Minuten warten und dieselben Blattlaute noch einmal einsetzen.
Verblattete Böcke werden gewiss beim nächsten Blattversuch mit Schrecken antworten. Ja selbst im darauf folgenden Blattjahr kann es vorkommen, dass ein alter Bock sich noch erinnert und mit Schrecklauten auf den ersten Fiep antwortet. Oft wird gesagt: „Jäger XY verblattet sein ganzes Revier“. Doch ein Revier lässt sich nicht so leicht verblatten. Nur durch schlechtes übereifriges Verhalten leidet die Rufjagd und der Erfolg bleibt aus.
Rufserie 4: „Sprengfiep“: (lautes) „Fi, Fi, Fi, (unterbrochen von kurzem, fordernden) Pfiju! (und auch lautem) Pfijä, Pfija, Fi …“
Um den Erfolg zu realisieren, müssen wir in der nächsten Rufserie Eifersucht entstehen lassen. Wir werden dem hier vermutenden Bock erklären müssen, dass sich ein anderer Bock bei einer seiner Ricken eingefunden hat, diese den „Fremdling“ aber nicht akzeptiert. Wir imitieren den sogenannten Sprenglaut. Diese Sprenglaute sind sehr laute „Fiep“ und „Pfija“, die sehr weit zu hören sind und den besten Erfolg zum Ausgang der Blattzeit versprechen. Sprenglaute sind in der Regel immer etwas langgezogen. Man braucht sich nicht zu scheuen, richtig laut zu blatten. Bitte nicht mehr als zwei kurz hintereinander folgende Serien, wieder mit etwa zehn bis zwölf Lauten. Diese werden, wie erwähnt, als „Pfija“ mit Fieptönen vorgetragen. Nach solch einem Konzert herrscht absolute Ruhe. Der Jäger muss mindestens noch eine halbe Stunde auf seinem Rufstand verweilen.
Rufserie 5: „Angstgeschrei“: „Pfiiiääh – Ää, Pfiiiääh …“ (jeder Ton sehr laut und lang gezogen, aber in sich etwas abfallend, leicht vibrierend)
Das Angstgeschrei, manche Jäger sprechen auch nur von „Geschrei“, ist nur sehr selten zu hören. Zum Ende der Blattzeit suchen manche Böcke noch raumgreifend und intensiv. Dabei kommen sie an Ricken, die nicht mehr brunftig sind. Vom Bock bedrängt, flüchtet die Ricke mit lautem Geschrei vor ihm. Dieses Angstgeschrei ist lauter und intensiver als der Sprenglaut. Meist werden diese beiden Lautäußerungen vom Jäger verwechselt.
Beim Angstgeschrei fehlen die zwischendurch beim Sprengruf leiser werdenden Töne. Der Blattjäger sollte mit dem Angstgeschrei sehr vorsichtig umgehen und diese Laute nicht während der gesamten Brunft als „letztes Mittel“ missbrauchen, wenn gar nichts aufs Blatten zusteht. Angstgeschrei wende ich nie vor dem 10., eher 12. August an – dann aber zumeist mit Erfolg. Zum Ausgang der Brunft beginne ich nach der üblichen Wartezeit sofort mit dem Geschrei und bleibe danach bis zu einer Stunde auf dem Stand. Angstgeschrei muss besonders gut geübt werden.
Rufserie 6: „Der problematische Kitzfiep“: „Pfi, Pfi, Pfi …, (sehr hohe Laute; dazu ergänzend der Kitz-Notruf) Pfi, Pfi, Pfiiiää, „Pfiiiäää …“
Warum aber problematisch? Der Kitzfiep steht bei mir nicht im Mittelpunkt der Rehbrunft. Denn darauf steht die Ricke zu, was ich aber in der Regel vermeiden will. Den Kitzfiep verwende ich ausschließlich, wenn mir in der Hochbrunft bekannt ist, dass der gesuchte Bock bei einer brunftigen, führenden Ricke steht. Gute 20 Minuten nachdem ich meine Rufserien beendet habe, locke ich – quasi als letztes Mittel – mit zwei hohen Fieplauten und daran unmittelbar angehängtem Kitznotruf die „sich sorgende Mutter“ an. Ihr wird der Bock höchstwahrscheinlich folgen.
Aber: Da die Ricke äußerst zügig zustehen wird, kann der Bock den Anschluss verpassen, die Ricke aber den Jäger entdecken. Worauf diese gewarnt abspringt und den Bock gleich mitnimmt.
Wenn’s nicht läuft …
Selbstverständlich gibt es im Rehruf auch Tage, an denen man regelrecht verzweifeln mag, weil nichts im Revier geht. Immer wieder liest man von den Geheimnissen der Blattjagd, darunter auch über solch „schwarze“ Tage. Wo aber bliebe bei stets 100-prozentigem Jagderfolg das Weidwerk an sich?
Blatter – Die richtigen Instrumente
Blattinstrumente gibt es viele. Aber: Da die Lautäußerungen der Ricken in der Brunft unterschiedlich sind, benötigt man ein Blattinstrument, mit dem man den situationsbedingt gewünschten Ton wiederzugeben versteht. Einfach zu bedienen und weit verbreitet ist der Buttolo-Gummiball, bei dem man durch gekonntes Zusammendrücken Fieptöne und das Angstgeschrei erzeugt. Er gibt jedoch meist einen zu hohen Ton wieder, der als Kitzruf von der Ricke verstanden werden kann. Zumindest stehen diese gerne zu. (In der Hochbrunft kann aber der bei der Ricke stehende Bock folgen.) Tipps: Nach Abnehmen des Gummischalldämpfers wird eine kleine Schraube sichtbar, über die sich die Tonhöhe regulieren lässt. Einige Jäger stecken zum Blatten den Gummiball in die Jacken- oder Hosentasche, um den Ton zu dämpfen. Aber Achtung, bei dieser Trageweise hat schon mancher Jäger den Buttolo ungewollt „ausgelöst“.
Mundblatter sind schon schwerer zu erlernen. Auch hier macht Übung den Meister. Könner des Rehrufs schwören auf die älteste Methode, das Fiepen mit dem Buchen- oder Fliederblatt. Nachteil: Es bedarf vergleichsweise größerer Vorbereitung und Übung.