Nachtsichttechnik: Raubwildjagd bei Nacht

In Baden-Württemberg und Niedersachsen ist die Jagd auf Raubwild mit Nachtsichttechnik erlaubt. Darauf ist beim Einsatz zu achten.
Fuechse-erlegt-Technik

In Niedersachsen ist seit Kurzem die Bejagung des Raubwildes und der Neozoen mit Wärmebild- und Nachtsichtvorsatzgeräten zugelassen. Für den Schutz von Bodenbrütern und zur Niederwildhege könnte dies das „Heilmittel“ sein. Raubwild ist, zumindest bei intensiver Bejagung, nachtaktiv. Bisher war man als Jäger – zu der Zeit, in der man mit der Raubwildbejagung tatsächlich einen Einfluss auf den Frühjahrsbesatz hat – auf die wenigen klaren Mondnächte, die Fangjagd und die Baujagd angewiesen. Mit diesen Jagdmethoden kann man als ortsansässiger, passionierter Raubwildjäger oder Berufsjäger schon sehr viel erreichen. Doch insbesondere die Fangjagd richtig zu betreiben, ist sehr zeitaufwändig und teuer. Die Baujagd ist nicht überall effektiv möglich. Nur über den klassischen Ansitz ohne technische Hilfsmittel ist es nicht möglich, tatsächlichen Einfluss auf die Raubwildbesätze zu nehmen.

Unterschiede bei den Raubwildarten

Was ändert sich nun durch die Möglichkeit, nahezu immer auf Raubwild jagen zu können und welchen Einfluss kann man damit auf welche Raubwildarten nehmen? Um mit der Waffe wirklich effektiv auf eine Population Einfluss nehmen zu können, müssen diese Arten ein recht großes Territorium haben und sich optimalerweise gut ankirren lassen. Das trifft vor allem auf Füchse und Marderhunde zu. Waschbären lassen sich zwar auch sehr gut ankirren, haben aber sehr kleine Territorien, was den Einzugsbereich unserer Raubwildkirrung deutlich reduziert. Marder sind zumindest mit der Kugel, aufgrund ihrer geringen Größe, nur schwer zu erlegen. Bei Dachsen ist die Bejagung sehr einfach. Da gilt mit Nachtsichttechnik der alte Spruch: „Wer den Bau hat, hat den Dachs.“ Eine Leiter am Dachsbau mit gutem Wind, das Auskundschaften mit der Wildkamera und Sitzfleisch bringen hier fast immer Erfolg.

Insbesondere Fuchs und Marderhund lassen sich durch den Einsatz der Technik effektiver bejagen.
Insbesondere Fuchs und Marderhund lassen sich durch den Einsatz der Technik effektiver bejagen.

Bei der Schwarzwildbejagung ist es bekanntlich gängige Praxis, die Sauen mit der Wärmebildkamera zu suchen und dann gezielt anzugehen. Das ist auch beim Raubwild möglich, allerdings ist es deutlich schwieriger, da die Sinne noch feiner sind als die der Sauen. Das gilt insbesondere für den Fuchs. Die Jagdarten, bei denen wir durch den Einsatz der Vorsatztechnik die größten Vorteile und besten Erfolge erzielen können, sind die Jagd am Luderplatz oder Pass und die Reizjagd. Wer in seinem Revier alle 100 bis 200 ha einen Luderplatz angelegt hat, diesen möglichst täglich beschickt und mit einer Wildkamera überwacht, der kann enorme Fuchs- und Marderhundstrecken erzielen.

Funkkameras haben den Vorteil, dass sie einen mehr „antreiben“. Wer drei Abende hintereinander die Fotos der Füchse vom Luderplatz geschickt bekommt, während er auf dem Sofa sitzt, der wird in der vierten Nacht seinen Hintern auf den Hochsitz bewegen. Die Möglichkeit, bei passendem Wind jederzeit anzusitzen, erhöht die Effektivität der Jagd am Luderplatz so enorm, dass damit nie dagewesene Strecken erzielt werden können. Auch bei der Lockjagd im Januar und Februar erleichtert einem die Technik die effektive Jagd. Sie birgt aber auch die Gefahr, dass man zu oft Reizen geht. Öfter als zwei- bis dreimal im Monat sollte man in einem durchschnittlichen Revier nicht mit dem Locker losziehen. Außerdem sollte man nicht versuchen, jeden Fuchs, den man beim Nachtansitz auf für einen Schuss zu weite Entfernung sieht, heranzulocken.

Nachtjagd ist grundsätzlich mit sehr hoher Störung des Wildes verbunden. Wer nachts in seinem Revier umherpirscht, der muss sich nicht wundern, wenn er schnell kein Rehwild mehr sieht. Nachts ist die Gefahr, Wild zu überraschen, viel höher als am Tag. Tagsüber nimmt das Wild den Menschen für gewöhnlich sehr früh und auf weite Entfernung wahr und kann dann ruhig ausweichen. Nächtliche Pirsch führt oft dazu, dass das Wild deutlich höhere Fluchtdistanzen bekommt und sehr viel gestresster auf den Menschen reagiert. Das muss man bei der Nachtjagd auf Raubwild unbedingt beachten. Deshalb sollte man seine Ansitzeinrichtungen für die Nachtjagd so wählen, dass man sie möglichst ohne Störung des Schalenwildes erreichen kann.

Wer am Luderplatz oder Pass sitzt, der sollte, um Störungen zu vermeiden, lieber seltener und dafür länger ansitzen, als mal eben für eine Stunde rauszugehen. Gerade wenn mehrere Jäger im selben Revier unterwegs sind, muss sich genau abgesprochen werden, wer wann und wo ansitzt. Gezielte Ansitze, die durch Überwachung des Reviers und der Luderplätze mit Kameras geplant sind, helfen, die Störung durch die Nachtjagd zu minimieren und erhöhen gleichzeitig deren Erfolg.

Genaues Ansprechen erforderlich

Ich bevorzuge für die nächtliche Jagd auf Fuchs und Co. Wärmebildvorsatzgeräte. Geräte, die auf den Einsatz von IR-Strahlern angewiesen sind, sind lange nicht so effektiv, weil es zum einen länger dauert, das Raubwild ins Glas zu bekommen und zum anderen Raubwild das IR-Licht wahrnehmen kann. Spätestens wenn ein Fuchs einmal gefehlt wurde, ist es sehr schwer, ihn noch mit dieser Technik zu erlegen. Der große Vorteil der digitalen Nachtsichtvorsatzgeräte ist natürlich der deutlich geringere Anschaffungspreis. Wer zur Raubwildbejagung Wärmebildtechnik einsetzen möchte, der muss, um richtig ansprechen zu können, im Premiumbereich einkaufen. Da liegt nämlich tatsächlich ein gewisses Risiko bei der Jagd auf Raubwild mit Wärmebildgeräten. Die einzelnen Wildarten lassen sich nicht so leicht durch die Wärmebildkamera ansprechen und zudem lassen sich Entfernungen sehr schlecht schätzen.

Am besten lassen sich die Arten aufgrund ihrer unterschiedlichen Bewegungsmuster unterscheiden. Deshalb gilt gerade für Jäger mit wenig Erfahrung mit der Technik, nur da ansetzen, wo man die Entfernungen genau kennt und auch weiß, was da sonst so los ist. Die Prämisse, nur auf das zu schießen, was man sicher ansprechen kann, gilt bei der Raubwildbejagung in der Nacht mit Technik uneingeschränkt. Je besser die Technik und je kürzer die Entfernung, desto besser lässt sich das Raubwild ansprechen. Deshalb muss man vor allem in das Beobachtungsgerät den ein oder anderen Euro mehr investieren. Bei den Vorsatzgeräten entscheidet die Qualität des Bildes vor allem darüber, wie weit man schießen kann.

Um die Rauchware verwerten zu können, sollte möglichst balgschonende Munition verwendet werden.
Um die Rauchware verwerten zu können, sollte möglichst balgschonende Munition verwendet werden.

Die Technik erleichtert das nächtliche Erlegen von Raubwild in einem nie dagewesenen Maße, stellt aber auch enorme Anforderungen an den Sachverstand des Jägers, der sie einsetzt. Aus Sicht des Artenschutzes und der Niederwildhege, aber auch um nachts sicherer schießen zu können, wäre die deutschlandweite Zulassung der Nachsichttechnik für die Raubwildjagd ein Segen. Die Landesjagdverbände würden gut daran tun, sich dafür einzusetzen. Die Angst vor dem Missbrauch darf nicht über der Sachlichkeit stehen. Die Nachtjagdverbote für die meisten Schalenwildarten sind davon unberührt und wer sich daran nicht hält, der hält sich auch heute schon nicht daran, die Technik nur zur Bejagung des Schwarzwildes einzusetzen. Die Verbände würden zudem gut daran tun, ihre Mitglieder gezielt im Umgang mit Nachtsichttechnik zu schulen, um auf die Vorteile, Nachteile und vor allem aber auch auf die Gefahren hinzuweisen.

Fazit: Für mich als im Wiesenvogel- und Rebhuhnschutz tätigen Berufsjäger, aber auch für viele meiner Kollegen und engagierte Niederwildheger ist der Einsatz von Nachtsichttechnik ein Segen, der unsere Arbeit nicht nur deutlich erleichtert, sondern auch deutlich effektiver macht.

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