Wenn die Beeren der Eberesche rötlich leuchten, die Weizenfelder golden glänzen und die Rehböcke brunften, beginnt die Jagd auf den Feisthirsch. Diese kann eine spannende Alternative zur Brunfthirschjagd darstellen. Eine besondere Herausforderung ist es, den „Waldgeist“ im Revier zu bestätigen – seinen Namen trägt er nicht ohne Grund.
Denn sicher hat jeder gerechte Hirschjäger schon einmal folgenden Vers gehört: „Der Feisthirsch ist ein Waldgespenst, das du nur ahnst und niemals kennst! Denn wo er zieht, da steht er nicht, und wo er steht, da zieht er nicht und ist nur hoch bei Sternenlicht. Jedoch bei diesem schießt man nicht!“
Was ist ein Feisthirsch?
Mit dem Verfegen des Geweihs bis zum Einsetzen der Brunft wird ein Hirsch als Feisthirsch bezeichnet – so lehrt es uns die jagdliche Literatur. Unter dem Begriff „Feist“ werden Fettreserven verstanden, die sich der Hirsch in diesen Wochen zulegt. Diese benötigt er für die anstehende Brunft. Denn dann nimmt ein Hirsch kaum bis gar keine Äsung mehr zu sich und zehrt von seinen Reserven.
Feisthirsche bilden Hirschrudel
Kurz vor und während der Feiste schließen sich die Hirsche zu Verbänden zusammen. Diese werden als sogenannte „Feisthirschrudel“ bezeichnet. Je nach Bestandsgröße kann die Anzahl der Hirschrudel variieren. Vor allem junge und mittelalte Hirsche kommen diesem Verhalten nach. Alte Recken wechseln jedoch eher allein. In seltenen Fällen dulden sie gelegentlich jüngere „Adjutanten“ in ihrer Nähe. Gegen Ende der Feiste wandern die Hirsche zu den Brunftplätzen ab, und die Rudelstrukturen lösen sich weitestgehend wieder auf.
Drei Faktoren zum Wohlfühlen fürs Rotwild
Ob sich Rotwild und insbesondere Feisthirsche in ein Revier einstellen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich sollte das Revier einen strukturreichen Einstand ausreichender Größe bieten. Darüber hinaus ist vor allem Ruhe besonders wichtig. Gerade Feisthirsche sind gegenüber Störungen im Einstand sehr empfindlich. Ein weiterer Faktor ist das vorherrschende Nahrungsangebot, denn ab dem Frühjahr und mit Einsetzen des Geweihwachstums weisen Hirsche ein erhöhtes Äsungsbedürfnis auf.
So bestätigt man einen Feisthirsch
„Zu keiner Zeit des Jahres hält der alte Hirsch sich an so feste Gewohnheiten, wie in der Feiste“, schrieb bereits Ferdinand von Raesfeld in seinem Standardwerk „Rotwild“. Doch die Gewohnheiten muss man vor einer Bejagung erst herausfinden. Es ist empfehlenswert, bereits einige Wochen vor der Feistzeit damit zu beginnen und sich einen ersten Überblick vom Rotwild im Revier zu verschaffen.
Je näher die Feistzeit rückt, umso genauer kann man sich dann auf die Hirsche fokussieren. Viele Informationen über die Gewohnheiten können bereits durch Abfährten erlangt werden. Daraus können einerseits Rückschlüsse auf das Wechseln zwischen Einstand und Äsungsfläche gewonnen werden. Andererseits sieht man, wie viele Stücke wechseln, und gegebenenfalls sogar, ob es sich um ein männliches oder weibliches Stück handelt. Denn die Form des Trittsiegels gibt Aufschluss darüber: Beim Hirsch sind die Spitzen der Schalen meist breiter und rund. Von Tieren eher schlank und spitz.
Äsungsangebot auf Augenhöhe
Eine weitere Möglichkeit, Rotwild zu bestätigen, sind Äsungsspuren. Diese bestätigen sowohl Hirsche als auch Kahlwild. Seinen Blick sollte man dabei auf junge Triebe von Bäumen und Büschen richten. Aufgrund seiner körperlichen Überlegenheit zum Rehwild kann Rotwild in einer größeren Höhe äsen. Außerdem hat Rotwild häufig die Gewohnheit, kleinere Äste abzuknicken.
Diese sind besonders auffällig und ein sicheres Zeichen für das Vorkommen von Rotwild. Um gezielt einen Hirsch nachzuweisen, eignen sich Fegestellen. Der Zeitpunkt und die Intensität des Fegens können Hinweise über das Alter geben. Ähnlich wie beim Rehwild verfegen auch beim Rotwild die alten Stücke früher. Je nach Region beginnen die Hirsche meist Ende Juli mit dem Fegen.

Suhlen und Salzlecken im Fokus
Sofern Suhlen und Salzlecken im Revier vorhanden sind, können diese ebenfalls zum Bestätigen genutzt werden. Suhlen werden gerne von Feisthirschen angenommen. Ein ausgiebiges Schlammbad sorgt nicht nur für Abkühlung, sondern schützt außerdem vor lästigem Ungeziefer. Der feuchte Untergrund am Rand der Suhle eignet sich gleichzeitig zum Abfährten.
Um einen Feisthirsch sicher zu bestätigen, kann man sich mit moderner Technik behelfen und installiert rechtzeitig, vor Eintritt der Feiste, eine Wildkamera. Wildkameras eignen sich, ebenfalls in der Nähe von Salzlecken. Diese werden bereits während des Geweihwachstums verstärkt angenommen. Je nach Nähe zum Einstand von Suhle oder Salzlecke, empfiehlt es sich, diese Stellen nicht täglich zu kontrollieren, um Störungen durch menschliche Wittrung zu minimieren.

Mit Ausdauer und Geduld zum jagdlichen Erfolg
Eine Bejagung des Feisthirsches ist bundesweit ab 1. August möglich. Daher bleiben nur wenige Wochen bis zur einsetzenden Brunft. Hat man einen Feisthirsch in seinem Revier bestätigt und kennt seine Gewohnheiten, muss man sich jetzt überlegen, wie man ihn am besten bejagt.
Am sinnvollsten ist die Ansitzjagd. Die Wahl des Platzes beruht auf den zuvor gewonnenen Erkenntnissen über die Gewohnheiten des Feisthirsches. Hingegen spielt die Art der jagdlichen Einrichtung keine größere Rolle. Sicherlich bietet eine Kanzel mehr Deckung und verzeiht auch mal eine unvorsichtige Bewegung – ohne gleich vom Hirsch eräugt zu werden.
Altersansprache
Der junge Hirsch:
- Kurzes, schmales Haupt (jugendliches Aussehen)
- Schlanker Träger
- Aufrechte Trägerhaltung
- Hohe Rosenstöcke
- Körperbau nicht ausgewachsen, wirkt hochläufig
- Scherzt mit Artgenossen und ist bewegungsaktiv
Der heranreifende Hirsch:
- Längenwachstum des Haupts abgeschlossen
- Haupt vom Träger deutlich abgesetzt
- Stärkerer, aber dennoch schlanker Träger
- Beginn der Wammenbildung
- Körperlich ausgeglichenes Erscheinungsbild
- Legt noch an Körpermasse zu
Der reife Hirsch:
- Breites, „bullig“ wirkendes Haupt
- Waagerechte Trägerhaltung
- Deutliche Wamme ausgebildet
- Starker, muskulöser Träger
- Runder, durchhängender Bauch
- Körpermitte verlagert sich nach vorne über Vorderläufe
- Träges Verhalten während Feistzeit
Erfahrene Stücke jedoch kennen altbewährte Ansitzeinrichtungen und meiden diese unter Umständen. Hier empfiehlt es sich, eine unauffällige jagdliche Einrichtung zu installieren bzw. aufzusuchen. Besondere Leckerbissen, wie beispielsweise Apfelbäume, werden in der Feiste gerne aufgesucht. Dies kann man sich für den Ansitz zu Nutze machen: Ein paar Äpfel haben schon so manchen vorsichtigen Hirsch zum Austreten verführt.
Bei der Rotwildjagd immer den Wind beachten
Der wichtigste Faktor bei der Bejagung ist und bleibt der Wind. Je nach Windrichtung verändert Rotwild sein Verhalten beim Aus- und Einwechseln. Es hat darüber hinaus einen hervorragenden Geruchssinn und kann den Jäger bereits auf mehrere Hundert Meter wittern. Daher sollte man stets nur bei „gutem“ Wind, also Augenwind, waidwerken. Denn einen Fehler verzeihen Feisthirsche wie auch Kahlwild meist erst einige Tage später und meiden vorübergehend diesen „unsicheren“ Ort.
Fazit: Eine gute Vorbereitung ist bei der Feisthirschjagd ausschlaggebend für den Erfolg. Beachtet man die oben genannten Gesichtspunkte, kann einem auch in jungen Jägerjahren das Glück zuteil werden, ein „Waldgespenst“ zu überlisten. Jedoch ist Erfahrung auch hier durch nichts zu ersetzen. Beim ersten Feisthirsch ist es für „junge Jäger“ deshalb hilfreich, sich Ratschläge und Unterstützung von erfahrenen Jagdkameraden einzuholen. Hat man dann Waidmannsheil, so ist die Freude gleich doppelt so groß.