Niedersächsischer Jäger: Wenn sich der Wasserverbandstag und der Niedersächsische Landkreistag gemeinsam um die Lösung eines Problems bemühen, muss es ernst sein.
Hennies: Die Nutria richten an Deichen und Dämmen in Niedersachsen erhebliche Schäden an und gefährden so den Hochwasserschutz - sowohl im Binnenland als auch an der Küste. Seit 2015 haben sich die Fangzahlen auf fast 22 000 Exemplare vervielfacht. Nunmehr sind erste Tiere auch an der niedersächsischen Sturmflutküste gesichtet worden. Die aus Klei mit Sandkern bestehenden Deiche bilden den Hauptschutz von 1,2 Millionen Niedersachsen und werden von den Tieren durch massive Unterhöhlungen und Untergrabungen in Stabilität und Funktion gefährdet.
Meyer: Auch unsere Landräte schlagen vom östlichen Ende im Landkreis Lüchow-Dannenberg an der Elbe bis zum westlichen Ende an der Grenze zu den Niederlanden im Landkreis Emsland aber auch in den Landkreisen an der deutschen Nordseeküste Alarm. Die Niederländer haben dem Vernehmen nach im letzten Jahr über 33 Millionen Euro für die Bekämpfung der Nutria und Bisam ausgegeben.
Niedersächsischer Jäger: Fürs Gedächtnis: Wie werden Nutria im (europäischen) Naturschutzrecht eingeordnet?
Meyer: Durch die Einstufung der Nutria als invasive Art wird die jagdrechtliche Hegeverpflichtung beschränkt. In der gegenwärtigen Lage hätte auch niemand Verständnis dafür, wenn wir diese Tiere auch noch hegen müssten. Das europäische Naturschutzrecht, welches gerade in einer Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes mündete, sieht bei solchen Arten die Erarbeitung von Plänen vor, um die weitere Ausbreitung zu verhindern. Zudem sollen Maßnahmen getroffen werden, die Ausbreitung zu verhindern oder zu minimieren.
Niedersächsischer Jäger: Die Nutria unterliegen in Niedersachen dem Jagdrecht. Hilft das Ihrer Meinung nach bei der Jagd oder schadet das eher?
Hennies: Die Nutria-Bekämpfung in Niedersachsen muss dringend und mit zahlreichen Maßnahmen intensiviert werden. Andernfalls drohen erhebliche weitere Schäden an Hochwasserschutzanlagen, Deichen und Dämmen im Land. Die Anwendung des niedersächsischen Jagdrechts bedeutet, dass umfangreiche Schonzeiten und ein Muttertierschutz gelten. Das ist in diesem Fall, insbesondere vor dem Hintergrund der ganzjährigen Reproduktionsfähigkeit der Nutria, nicht sachgerecht und muss schnellstmöglich geändert werden.
Meyer: Wir brauchen eine effektive flächendeckende Bekämpfung durch intensive Bejagung und hierfür eine entspre-chende Anpassung des niedersächsischen Jagdrechts. Das Land Niedersachsen hat es selbst in der Hand, diese Rechtsänderungen kurzfristig herbeizuführen. Das bedeutet dann auch Rechtssicherheit für die Jägerinnen und Jäger, deren schlagkräftige Unterstützung wir dringend bei der Bekämpfung benötigen. Das Land muss nun endlich eine konzertierte Aktion starten.
Niedersächsischer Jäger: Das klingt einleuchtend, auch der Landesjagdverband ist da auf Ihrer Seite. Wieso ist bisher dennoch nichts geschehen?
Hennies: Der Vorgänger von Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast, Christian Meyer, hatte wohl Bedenken, das Jagdrecht anzupassen. Zudem bestand bei ihm wohl auch die Befürchtung, dass mit der Fallenjagd auch andere Tiere, wie beispielsweise der Biber, ins Netz gehen könnten. Wir haben jedoch bereits erste Signale der neuen Landesregierung, sich nunmehr entschlossen diesem Problem anzunehmen.
Meyer: Verweise des ehemaligen Landwirtschaftsministers auf tierschutzrechtliche Bedenken können wir nicht nach-vollziehen. Mit Lebendfallen, die zudem mit einem Meldesystem ausgestattet sind, lassen sich die Tiere tierschutzgerecht fangen. Andere Tiere können wieder frei gelassen werden. Über 400 Bisamfänger in den Niederlanden jagen die Tiere im Übrigen auch das gesamte Jahr hindurch.
Niedersächsischer Jäger: Was ist noch erforderlich, um das Nutria-Problem in Niedersachsen in den Griff zu bekommen?
Hennies: Wir müssen alles einsetzen, was sich schon in der Vergangenheit bei vergleichbaren Problemen bewährt hat. Hierzu gehören vor allem die mehr als 800 Bisamjäger der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Um diese neue Aufgabe entschlossen angehen zu können, müssen der Landwirtschaftskammer dazu kurzfristig Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden.
Meyer: Für den Einsatz der Bisamjäger muss das Landwirtschaftsministerium zudem den Weg öffnen, dass diese die Nutria auch wirksam bekämpfen dürfen. Zudem muss das Land die Bekämpfung auch finanziell, z.B. über die Finanzierung von Lebendfallen und die Auslobung von Abschussprämien, voranbringen. Bisher bleiben diese Kosten bei den Unterhaltungsverbänden und Landkreisen hängen. Aus dem Kreise unserer Mitglieder erreichen uns zunehmend Meldungen, dass selbst größere Wasser- und Bodenverbände mit der Bekämpfung der ansteigenden Nutriapopulation finanziell überfordert sind und sich deshalb an die Landkreise wenden. Das ist bei der Erfüllung staatlicher Aufgaben nicht sachgerecht. Hier muss das Land seiner Verantwortung gerecht werden.
Der NJ dankt für das Gespräch