Anfangsstadium Perückenbock? – Frag den Tierarzt

Dieser Rehbock wurde im Schwarzwald erlegt. Ist die knöcherne und fest verwachsene Wucherung der Anfang eines Perückengehörns?
Die Wucherung ist fest mit dem Gehörn verwachsen und hat eine Größe von etwa acht Zentimetern.
Die Wucherung ist fest mit dem Gehörn verwachsen und hat eine Größe von etwa acht Zentimetern.

Bei der abgebildeten Umfangsvermehrung handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen bösartigen Knochentumor und nicht um eine beginnende Perücke. Dies müsste aber durch eine weiterführende feingewebliche Untersuchung mittels Mikroskop abgeklärt werden. Eine beginnende Perücke sollte sich aus hormonellen Gründen nicht neben einem verfegten Geweih entwickeln.

Perückengehörne wachsen ständig weiter

Perückengeweihe beziehungsweise -gehörne sind ständig wachsende Geweihe mit meist hohem Bastanteil, die nicht gefegt und auch nicht abgeworfen werden. Der Hauptzuwachs erfolgt in jenen Monaten, in denen normalerweise der Kopfschmuck geschoben wird. Der Zuwachs erfolgt meist nur an der Perlung, also besonders stark an den unteren Stangenteilen und Rosen. Die unteren Stangenteile verwachsen mit zunehmender Perückenbildung, schließlich können auch die Lichter überwuchert werden. Perückengehörne bei erwachsenen Rehböcken entstehen im Zuge hormoneller Störungen (Mangel an Testosteron), nach Verletzungen, Infektionen oder einer degenerativen Erkrankung der Brunftkugeln. Falls nur ein Hoden betroffen ist, kommt es nicht zur Perückenbildung.

"Plattkopf" oder kurze knollige Perücke?

Geschehen diese Hodenveränderungen (bzw. Kastration) bereits bei Bockkitzen vor der Ausbildung der Rosenstöcke, so wird kein Gehörn geschoben („Plattkopf“). Verlieren sehr junge Böcke die Brunftkugeln, so werden in der Regel nur kurze, knollige Perücken geschoben. Auch Zwitter oder Scheinzwitter können Perückengeweihe tragen oder normal schieben und verfegen (Herbst 2001).

Bischofsmütze und Helm

Die wichtigsten Perückenformen sind „Bischofsmützen“ (breite Basis und kegelig zusammenlaufend, rasch wachsend mit hohem Knorpel- und Bastanteil, wenig verkalkt, oft herunterhängende „Bastlappen“) oder „Helmperücken“ (langsam wachsend, mehr verknöchert, Wachstum besonders an der Basis).

Kurzes Leben für Perückenböcke

Perücken sind stark durchblutet, haben hohe Bast- und Knorpelanteile und sind deshalb – selbst ohne Verletzungen – recht anfällig gegenüber bakteriellen Infektionen und Fliegenmadenbefall. Das ist auch der Grund dafür, dass Perückenböcke meist innerhalb von ein bis drei Jahren verenden. Durch den Druck der Perücke auf die Decke und die Knochenhaut des Stirnbeins kann es zudem zu Nekrosen (Absterben von Zellen) und zum Abbau von Knochenanteilen der Schädelknochen und ebenfalls zu Infektionen kommen. Bubenik (1966) führt an, dass kastrierte Rehböcke mit Perückenbildung innerhalb von zwei Jahren verenden.

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