Ferngläser: Sind es dank Wärmebildkameras obsolete Altertümer?

Wärmebildkameras sind auf dem Vormarsch. Bald scheint das Fernglas von der neuen Technik abgelöst. Doch stimmt dieser Eindruck?
Heute noch ein Fernglas im Jagdrucksack? Es scheint, als lösten die Wärmebildgeräte Ferngläser doch nicht so schnell ab, wie gedacht.
Heute noch ein Fernglas im Jagdrucksack? Es scheint, als lösten die Wärmebildgeräte Ferngläser doch nicht so schnell ab, wie gedacht.

Wärmebildgeräte sind eine der technischen Entwicklungen im jagdlichen Bereich, die in den letzten Jahren eine große Verbreitung gefunden haben. Der Vorteil der Geräte: Dinge, die das menschliche Auge selbst mit dem Fernglas nicht erblicken kann, werden mit ihnen sichtbar. In so manchen Gesprächen mit Jägerinnen und Jägern erfährt man, dass das gute alte 8x56 Doppelfernrohr mittlerweile aus dem Jagdrucksack in den Ausrüstungsschrank verbannt wurde. Doch sind Ferngläser heute wirklich obsolet? Ich möchte eine Lanze brechen für drei mehr oder weniger klassische Bauarten.

Fernglas für den Ansitz

In der Vergangenheit war es meist ein gutes Fernglas, das noch vor Büchse oder Flinte Einzug in das Ausrüstungsrepertoire eines Jungjägers gehalten hat. Modelle wie ein Zeiss Dialyt 8x56 gehörten fest in die heute bereits verrentete Jägergeneration. Der Einsatzbereich dieser eher an Sternwarten erinnernden Geräte war das klassische Ansprechen. Ihre optische Leistung – Lichttransmission, Sehfeld, Schärfe – war in der Regel der der Zielfernrohre überlegen. Ausgedient haben die alten Schlachtschiffe jedoch noch lange nicht. Auf vielen Beifahrersitzen von durch das Revier schleichenden Suzuki Jimnys haben die klobigen aber bewährten Doppelfernrohre ihren Platz. Und das zurecht.

Das große 8x56 wurde und wird klassisch beim Ansitz verwendet.
Das große 8x56 wurde und wird klassisch beim Ansitz verwendet.

Heutige Fertigungsverfahren haben die Glasqualität und damit die optische Leistung von Ferngläsern noch einmal mehr gesteigert. Details, die eine Wärmebildkamera nicht liefern kann, werden mit dem Ansitzfernglas bei ausreichend Licht sichtbar. Auch scheint es bequemer, die Bühne vor dem Hochsitz mit dem Fernglas zu beobachten, als bei jeder kleinen Bewegung die Büchse samt Zielfernrohr zur Hand zu nehmen oder die Wärmebildkamera einzuschalten. Es ist also keine Konkurrenz, die zwischen Ansitzfernglas und Wärmebildgerät besteht, sondern eine effektive Ergänzung. Trotzdem stellt sich die Frage, ob bei Neuanschaffung nicht ein kleineres Pirschglas im Bereich von 8x42 ausreicht.

Leichtgewicht auf der Pirsch

Einen Nachteil haben selbst die heutigen 8x56-Gläser: es sind richtige Klopper. Für die Pirsch haben sich kleinere Geräte mit einer Leistung von 8x42 bewährt. Sie bieten ein ausgewogenes Verhältnis von Packmaß, Gewicht und optischer Leistung. Wie so oft bei Optik kommt es am Ende aber auf die Glasqualität an. Ein 8x42-Premiummodell kann von der optischen Leistung oft ein 8x56 aus der Mittelklasse in die Schranken weisen.

Aber auch preiswertere Modelle der 8x42-Bandbreite haben auf der Pirsch bei guten Lichtverhältnissen oder bei der Revierkontrolle ihre Berechtigung. Schließlich ist die volle optische Leistung nicht immer notwendig. Ob im Jagdauto liegend, als Backup im Jagdrucksack oder als Begleiter auf der Hunderunde – das 8x42 kombiniert einige Vorteile miteinander.

Klein und kompakt: 8x42-Ferngläser sind bei der heutigen Glasqualität wahre Allrounder.
Klein und kompakt: 8x42-Ferngläser sind bei der heutigen Glasqualität wahre Allrounder.

Die Vermessung der Welt

Die neuste Entwicklung im Bereich der Ferngläser sind integrierte Entfernungsmesser. Voranschreitende Technik im Bereich von Munition, Waffen und Zieloptik treibt oft den Wunsch voran, auch jenseits der Einschießentfernung jagen zu können. Die Entfernung seines Ziels zu kennen, ist hierfür unabdingbar. Ein im Fernglas integrierter Entfernungsmesser ist also vor allem für die Berg- und Feldjagd äußerst praktisch. Die Kombination beider Techniken in einem Gerät hält das Packmaß klein. Immerhin muss kein separater Entfernungsmesser ergänzend zum Fernglas eingepackt werden.

Einige hochwertige Ferngläser mit Entfernungsmesser können zusätzlich noch mit den ballistischen Daten der Waffe gespeist werden. Ein verbautes Ballistikprogramm errechnet die Flugbahn des Geschosses und gibt die hierfür notwendigen Einstellungen am Zielfernrohr an den Schützen aus. Ein Feature, das für so manchen Waidmann unabdingbar geworden ist.

Bei Berg- und Feldjägern beliebt – Ferngläser mit Entfernungsmesser.
Bei Berg- und Feldjägern beliebt – Ferngläser mit Entfernungsmesser.

Fazit

Für wen eine Wärmebildkamera, ein Fernglas oder eine Kombination aus beiden am besten funktioniert, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ein jagdliches Vorhaben unterscheidet sich vom nächsten und was für das eine die optimale Lösung ist, muss für das andere nicht zwangsläufig funktionieren. Ferngläser und Wärmebildgeräte gleichermaßen als Ergänzung zu einander zu denken, ist für mich der gewählte Ansatz. Schließlich sind und bleiben es unterschiedliche Techniken.

Mit freundlicher Unterstützung durch Frankonia.

 

(* Der Beitrag enthält bezahlte Verlinkungen.)

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