Auf Bewegungsjagden sind die Gegebenheiten des eigenen Stands im Vorfeld oft unbekannt. Von engen Waldschneisen bis hin zum offenen Acker kann auf der Drück- oder Erntejagd alles dabei sein. Schnelle Zielwechsel von Nahdistanz bis zu 100 Metern Schussentfernung oder mehr können vor allem auf Freiflächen notwendig sein. Wer dann erst am Vergrößerungsring seines Zielfernrohrs drehen muss, verpasst schnell eine Chance. Mit einem zusätzlichen Reflexvisier kann eine bereits mit einem Zielfernrohr ausgestattete Büchse für die Drückjagd aufgerüstet werden. Das bietet sich vor allem an, wenn keine weitere Büchse für Drückjagdanforderungen zur Verfügung steht und keine Möglichkeiten zum Optikwechsel vorhanden sind. Aber auch Drückjagdoptiken können mit einem Reflexvisier noch flexibler werden.

Verschiedene Montagemöglichkeiten
Für den Anbau eines Reflexvisiers bedarf es lediglich einer Montagebasis sowie eines Drehmomentschlüssels. Wir haben uns verschiedene Montagemöglichkeiten angeschaut und ein wenig experimentiert. Die wohl bekannteste und einfachste Lösung ist die Montage mittels Ring am Mittelrohr des Zielfernrohrs.
Dadurch kann das Reflexvisier in verschiedenen Positionen angebracht werden, z.B. in der 12-Uhr-Stellung oberhalb des Zielfernrohrs. Die Ringe samt den notwendigen Schnittstellen werden von vielen Herstellern angeboten, beispielsweise von ERATAC oder Brügger & Thomet (BT). Hier findet man hauptsächlich etwas für den standardisierten Mittelrohrdurchmesser von 30 Millimetern, aber auch zöllige Zielfernrohre oder solche mit 34er Mittelrohr können entsprechend nachgerüstet werden. Für Zielfernrohre mit Schiene, bei denen kein umlaufender Ring verbaut werden kann, bietet Henneberger eine spezielle Mittelrohrmontage für Reflexvisiere mit Docter-Sight-Schnittstelle an.
Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Reflexvisiere direkt an Zielfernrohrmontagen anzubringen. Vorreiter mit einer breiten Palette ist ERATAC. Mit der „UNIVERSAL-Schnittstelle“ können verschiedene Aufnahmeplatten mit den Ringen der Zielfernrohrmontage kombiniert werden. Ein zusätzlicher Ring ums Mittelrohr entfällt dadurch. Vom US-Hersteller Arisaka Defense kommt eine spezielle, seitlich geneigte Montage für Reflexvisiere.
Diese wird auf der Picatinny-Schiene der Waffe unter dem Zielfernrohr oder davor montiert. Viele Reflexvisiere verfügen entweder über eine Doctor-Sight- oder Aimpoint-Micro-Schnittstelle. Die Maße dieser Schnittstellen sind quasi zum Industriestandard geworden. Über welche Schnittstelle das eigene Reflexvisier verfügt, gibt der Hersteller an. Auch die Montage mittels Picatinny-Schiene ist weit verbreitet. Eine Vielzahl von Adapterplatten bietet verschiedenste Kombinationsmöglichkeiten.
Einschießen und Praktische Anwendung
Eines fällt nach dem Montieren der Reflexvisiere sofort auf: Die Montageposition hat kaum Einfluss auf das Sichtfeld. Sowohl in der 12- oder 1-Uhr-Position als auch um 45 Grad geneigt konnten mit der richtigen Montagekombination kaum Störungen im Sichtfeld durch Verstelltürme oder das Zielfernrohrobjektiv beobachtet werden.

Man sollte allerdings darauf achten, dass mindestens durch die obere Hälfte der Linsen des Reflexvisiers freie Sicht besteht. Das ist für ein ungestörtes Zielen mittels Rotpunkt ausreichend. Wer ein Zielfernrohr mit großen Höhen- und Seitenverstelltürmen besitzt, sollte eine entsprechende Bauhöhe bei der Montageoption für das Reflexvisier wählen. Picatinny-Schienen haben sich hier als „Abstandhalter“ bewährt.

Es bietet sich an, das Reflexvisier auf 50 Meter einzuschießen. Schließlich liegt die Anwendungsdistanz der kleinen Optiken innerhalb dieser Entfernung. Für alles darüber hinaus ist das Zielfernrohr besser geeignet. Der sitzende Anschlag beim Einschießen mit eingedrehter Waffe ist zugegebenermaßen ein wenig gewöhnungsbedürftig. Doch sobald man sich mit diesem arrangiert hat, ist die Justierung schnell erledigt.
Das Schießen auf den laufenden Keiler mit den Reflexvisieren auf 12- und 1-Uhr-Position gelang hervorragend. Die um 45 Grad geneigte Montagevariante bedurfte aufgrund des ungewohnten Anschlags ein wenig mehr Übung. Nachdem der Schwarzkittel wenige Male über die Schneise gehuscht war, funktionierte aber auch dieser Anschlag problemlos. Die geneigte Montagevariante von ERATAC stellte sich bei den Schützen als das Mittel der Wahl heraus. Die Ergebnisse machen jedenfalls richtig Lust auf die anstehende Drückjagdsaison mit unseren „Kombinierten“.
Reflexvisiere und ihre Stärken
Gut zu wissen
Bei Drückjagdoptiken mit einer Mindestvergrößerung von 1-fach kann ein sogenannter Fish-Eye-Effekt entstehen – das Bild wirkt dann leicht gekrümmt. Auch der sich im Sehfeld abzeichnende Rand des Zielfernrohrkörpers kann als störend empfunden werden. Ein Reflexvisier bietet durch seine Bau- und Funktionsweise eine natürliche, einfache Vergrößerung. Der Schütze nimmt in der Regel mit beiden geöffneten Augen lediglich die Projektion des Leuchtpunkts wahr. Dabei liegt dieser bei hochwertigen Reflexvisieren nahezu parallaxenfrei auf dem Ziel. Das Gehäuse der Geräte verschwimmt dabei fast gänzlich. Dadurch wird kaum etwas vom Zielbereich im natürlichen Sichtfeld des Schützen verdeckt.