Jagdlich Schießen: Mit Trockentraining zu einem besseren Schützen

Schießstandgebühren sind nicht günstig und Munition teurer als je zuvor. Trainieren müssen wir trotzdem. Wie geht das effektiv?
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25. März 2023
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Mit der Lang- oder Kurzwaffe zu Hause sicher zu trainieren, ist unter Einhaltung der Sicherheitsregeln kein Problem.
Mit der Lang- oder Kurzwaffe zu Hause sicher zu trainieren, ist unter Einhaltung der Sicherheitsregeln kein Problem.

Unser Ziel als Jäger ist es, dass unsere Schüsse ihr Ziel finden und dort treffen, wo sie sollen. Dafür ist es notwendig, dass wir den Abzug ruckfrei und gleichmäßig durchziehen. Nur so bleibt die Visiereinrichtung auf dem Punkt unserer Wahl stehen. Die ruckfreie Betätigung des Abzugs bei gleichzeitigem Halten des Haltepunkts ist also das A und O des präzisen Treffens. Das können wir trainieren, ohne einen einzigen Schuss zu verschwenden oder teure Schiessstandzeit in Anspruch zu nehmen.

Durch die folgende Übung für zu Hause werden wir automatisch zu besseren und präziseren Schützen. Das Gute ist, dass wir das mit einem ganz einfachen Übungsaufbau erreichen können. Wir benötigen lediglich folgende Dinge: Unsere Waffe, mit der wir üben wollen, zwei bis drei Pufferpatronen, ein Stück kariertes Papier oder ein Schusspflaster, einen Tisch zum Aufbau eines sitzenden Anschlags und eine Schießauflage, wie wir sie im sitzenden Anschlag im Revier benutzen würden.

Bevor wir mit dem Training beginnen, stellen wir Sicherheit an unserer Waffe her und sorgen dafür, dass sich weder an der Waffe noch in der Waffe Munition befindet. Dann entfernen wir alle scharfe Munition aus dem Raum, oder wir begeben uns zum Üben in einen Raum, in dem sich keine scharfe Munition befindet. Das ist ein zentraler Sicherheitsaspekt, den wir immer beachten sollten.

Aufbau unserer Schiessposition

Mit der Trockenübung können wir alle Schießpositionen trainieren – ob sitzend, stehend angestrichen, liegend oder über den Pirschstock. Es hat sich bewährt, in einer möglichst stabilen Position zu beginnen, zum Beispiel sitzend aufgelegt wie von der Kanzel. Auf der Jagd stellt sie die wohl am meisten genutzte Schießposition dar.

Hierfür bauen wir unsere Übungsposition ganz einfach an unserem Esszimmertisch auf und simulieren so die Fensterbank unserer Kanzel. Als Erstes jedoch bringen wir unseren Haltepunkt an der Wand an. Sinnvoll ist es hier, diesen in einer Höhe an die Wand zu kleben, die mit der zu übenden Schießposition korrespondiert. Die Hüfthöhe ist dabei ein guter Richtwert. Ein Kantholz auf dem Tisch kann helfen, die Auflage auf der Kanzelbrüstung zu simulieren. Die bewährte Dreipunktauflage zwischen Vorderschaft und unseren Ellenbogen bietet sich in fast allen jagdlichen Einrichtungen an und ist sehr stabil.

Neben der klassischen Auflage mit einem Sandsäckchen können auch alternative Auflagemöglichkeiten geübt werden – hier beispielsweise mit einem Rucksack.
Neben der klassischen Auflage mit einem Sandsäckchen können auch alternative Auflagemöglichkeiten geübt werden – hier beispielsweise mit einem Rucksack.

Unser „Schießtisch“ sollte sich so weit wie möglich von der Wand entfernt befinden – je weiter, desto besser. Speziell wenn unser Zielfernrohr eine hohe Grundvergrößerung hat, müssen wir einen gewissen Mindestabstand einnehmen. Dabei kann man ruhig kreativ werden und über mehrere Räume oder den Flur üben. Wichtig ist nur eine ungestörte Sichtlinie und dass keine Unbeteiligten in unsere Schusslinie laufen können, während wir trainieren. Nur weil wir trocken üben, bedeutet das nicht, dass wir unsere Waffe anders behandeln!

Die Größe unseres Haltepunkts sollte so angepasst sein, dass er für uns durch unser Zielfernrohr gut zu erkennen ist. Mit voranschreitendem Training kann auch eine kleinere Zielgröße gewählt werden, wodurch der Zielvorgang „erschwert“ und die eigene Fähigkeit weiter trainiert wird.

Abzugskontrolle und Nachhalten

Wir haben uns nun fertig eingerichtet und die Entscheidung zum Schuss gefällt. In der natürlichen Atempause des Ausatmens sollte sich unser Absehen oder unser Korn bei offener Visierung auf unserem gewünschten Haltepunkt befinden. Dafür ist es unabdingbar, dass wir spannungsfrei, also ohne Muskelspannung, mit unserer Visiereinrichtung auf unseren Haltepunkt ausgerichtet sind. Nun fokussieren wir unser Absehen und betätigen den Abzug. Nach dem hörbaren „klick“ sollte sich unser Absehen exakt dort befinden, wo es auch vorher stand – und zwar auf dem Haltepunkt. Das Durchdrücken des Abzugs bis an den hinteren Anschlagpunkt ist ein wesentlicher Teil der Abzugskontrolle. Ebenso das Halten dieses hinteren Punkts, bis wir den Rückstoß, den es beim Trockentraining natürlich nicht gibt, verarbeitet haben.

Mithilfe dieses einfachen Nachzielens oder Nachhaltens können wir ganz einfach und ohne großen Aufwand analysieren, ob wir beim Betätigen des Abzugs „gezuckt“ oder „gemuckt“ haben. Wichtig ist hier wie bei allem Üben, dass wir „ehrlich“ trainieren.

Ehrlich bedeutet ganz einfach, dass wir uns selbst gegenüber zugeben, wenn wir z.B. gezuckt oder geruckt haben und dann versuchen, dies in den folgenden Durchgängen abzustellen. Nur so werden wir zu besseren Schützen und kommen der Verantwortung nach, die wir als Jäger für jeden einzelnen unserer Schüsse tragen. Wenn ich in der Lage bin, den Abzug konstant so zu betätigen, dass sich mein Absehen während der Schussabgabe nicht mehr von meinem Haltepunkt bewegt, dann bin ich bereits einen großen Schritt weiter. Ich kann nun die Größe des Haltepunkts verkleinern und so zusätzlich überprüfen, wie „stabil“ meine Schussabgabe tatsächlich ist.

Auf diese einfache Art lerne ich den Abzug meiner Waffe in aller Ruhe kennen, ohne einen einzigen Schuss Munition zu verschwenden. Auch Störungen des Lernablaufs durch andere Schützen gibt es so nicht. Gerade für „Anfänger“ ist das Lernen ohne Knall und Rückstoß vorteilhaft. Zusätzlich trainiere ich „den Blick durchs Feuer“, wie das unbedingt notwendige Nachzielen bzw. Nachhalten auch genannt wird.

Alle anderen Abläufe, wie etwa das Sichern der Waffe nach dem Fertigladen sowie das Entsichern vor der Schussabgabe, üben wir auf diese Art und Weise direkt mit. Je besser die dem Schuss vor- und nachgelagerten Abläufe funktionieren, desto mehr mentale Kapazität habe ich letztendlich übrig, um sie auf die tatsächliche Schussabgabe zu lenken. Diese Abläufe sollte ich nicht auf einem Schießstand üben, sondern in aller Ruhe und vor allem regelmäßig zu Hause. Es hat sich bewährt, die „Schussabgabe ohne Knall“ in allen Positionen zu trainieren, die mir auf der Jagd unterkommen können. Für die verschiedenen Anschläge können wir unsere Grenzen feststellen: Wenn wir es beispielsweise schaffen, im stehend freihändigen Anschlag auf fünf Meter Entfernung einen trockenen Schuss auf einen 2 x 2 cm großen Haltepunkt abzugeben, dann entspricht das lediglich einem sicheren Schuss auf 25 Meter auf ein Ziel mit einer Kantenlänge von 10 x 10 cm.

Pufferpatronen sollten auf den ersten Blick von scharfer Munition zu unterscheiden sein. In Repetierbüchsen nicht notwendig, sollten sie jedoch in Kipplaufbüchsen unbedingt genutzt werden.
Pufferpatronen sollten auf den ersten Blick von scharfer Munition zu unterscheiden sein. In Repetierbüchsen nicht notwendig, sollten sie jedoch in Kipplaufbüchsen unbedingt genutzt werden.

Die eigenen Grenzen ausloten

Wir sollten aus einem solchen Ergebnis die Erkenntnis ziehen, dass wir in diesem hypothetischen Fall nicht weiter als 25 Meter stehend freihändig auf die Kammer eines Stück Rehwilds schießen sollten. Bei dem oben beschriebenen Übungsaufbau können wir nun weitere Elemente der jagdlichen Schussabgabe einbauen, beispielsweise das Repetieren im Anschlag und das Wiederfinden unseres Haltepunkts. Auch das Mitschwingen entlang einer aufgezeichneten Linie bringt uns nach vorn, wenn wir uns auf die kommende Drückjagdsaison vorbereiten. Darauf folgt das Nachschießen oder der Zielwechsel. Auch Dinge wie die Störungsbeseitigung bei einem Zündversager oder Ähnliches können in das Trockentraining mit eingebaut werden.

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